Vereinigte Staaten
Gericht ordnet Freilassung von
Uiguren aus Guantánamo an
16.10.2008
08. Oktober 2008 Abermals
hat das Urteil eines amerikanischen Gerichts zum Umgang mit Inhaftierten in
dem amerikanischen Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba zu einem schweren
Konflikt zwischen Regierung und Jurisdiktion in Washington geführt. Am
Dienstag (Ortszeit) entschied Bundesrichter Ricardo M. Urbina, dass 17
uigurische Gefangene bis zu diesem Freitag von dem Lager auf Kuba an das
Bezirksgericht in Washington überstellt werden müssen. Richter Urbina ließ
erkennen, dass er die Gefangenen, die zu einer von der kommunistischen
Führung verfolgten muslimischen Minderheit in China gehören, nach deren
Überstellung auf freien Fuß setzen will.
Das Justizministerium kündigte an, „als Antwort auf die heutige Entscheidung
einen Eileinspruch einzulegen“. Die Entlassung der Uiguren aus behördlicher
Aufsicht auf amerikanisches Territorium sei „nicht angemessen“, erklärte das
Justizministerium. Präsidentensprecherin Dana Perino sagte, das Urteil des
Bezirksgerichts könnte als Präzedenzfall für andere Gefangene in Guantánamo
dienen, „einschließlich erklärter Feinde der Vereinigten Staaten, die der
Planung der Terrorangriffe vom 11. September 2001 verdächtigt sind“. Zudem
würde die Freilassung der Uiguren auf amerikanischem Boden gegen
Immigrations- und Einreisebestimmungen verstoßen, sagte Perino.
Keine „unrechtmäßigen feindlichen Kämpfer“
Die 17 Uiguren gelten nach der Überprüfung ihrer Haftgründe durch
Militärkommissionen in Guantánamo nicht mehr als „unrechtmäßige feindliche
Kämpfer“ und können auch nach Überzeugung des Pentagons freigelassen werden,
weil von ihnen keine Gefahr mehr für die nationale Sicherheit ausgeht. Die
chinesische Regierung fordert die Repatriierung der Uiguren, die nach
Ansicht der amerikanischen Behörden zur „Islamistischen Bewegung von
Ost-Turkmenistan“ gehörten. Diese Bewegung hatte Washington im August 2002
zur terroristischen Organisation erklärt.
Die Uiguren in Guantánamo, die Anfang 2002 nach ihrer Flucht aus Afghanistan
in Pakistan festgenommen und anschließend an die amerikanischen Streitkräfte
übergeben worden waren, haben die Zugehörigkeit zu der Bewegung bestritten.
Die Anwälte der Uiguren unterstreichen, dass die festgenommenen Männer zu
keinem Zeitpunkt gegen die amerikanischen Truppen gekämpft haben und dass
die inkriminierte Organisation erst nach der Festnahme der Männer als
terroristische Vereinigung eingestuft wurde.
Amnesty: Historische Entscheidung
Im Jahr 2006 war eine erste Gruppe von fünf Uiguren von Guantánamo nach
Albanien entlassen worden, wo die Männer bis heute leben. Für die restlichen
17 Uiguren hat sich aber trotz fortgesetzter Bemühungen des Pentagons noch
kein Gastland gefunden. Die Vereinigten Staaten verweigern die Überstellung
der 17 Uiguren an Peking, weil Washington fürchtet, dass die Gefangenen in
China gefoltert werden könnten. Die Verteidiger der Uiguren hatten deren
Ausreise in die Vereinigten Staaten gefordert, weil die Männer in keinem
anderen Land willkommen seien.
Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ begrüßte die
„historische Entscheidung“ der Bundesgerichts. Auch die
Gefangenenhilfsorganisation „Amnesty International“ sprach von einem „großen
Sieg“ für die Grundfreiheiten. Gegenwärtig werden noch 255 Männer in
Guantánamo festgehalten; 60 bis 80 sollen sich vor Militärkommissionen
verantworten, die übrigen Inhaftierten sollen freigelassen werden. Die
Präsidentschaftskandidaten John McCain und Barack Obama haben sich dafür
ausgesprochen, das Gefangenenlager zu schließen.
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