Terroranschlag in China: 16
Polizisten tot
Behörden
nehmen zwei uigurische Muslime
fest
Vier Tage vor Olympia-Beginn haben offenbar
zwei muslimische Uiguren in Westchina 16 Polizisten getötet. Die Behörden
sprechen von einem Terroranschlag. Uigurische Rebellengruppen kämpfen für
die Gründung eines eigenständigen Staates Ost-Turkestan.
16 weitere Polizisten wurden verletzt. Die Attentäter im Alter von 28 und 33
Jahren wurden festgenommen, hieß es. Der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua
zufolge fuhren die beiden Angreifer in der Stadt Kashgar in einem Lastwagen
auf eine Gruppe von 70 Grenzpolizisten zu und ließen zwei selbst gebastelte
Sprengsätze explodieren. Anfangs hatten die Behörden von Granaten
gesprochen. 14 Polizisten starben am Anschlagsort, zwei weitere im
Krankenhaus. Einer der beiden Attentäter habe bei dem Angriff durch die
Explosion einen Arm verloren. Für ausländische Journalisten ist es derzeit
schwierig, die Angaben von Xinhua zu überprüfen: "Die Details des Anschlags
sind völlig offen", sagt ZDF-Korrespondent Johannes Hano.
Deutscher Augenzeuge
Ein deutscher Augenzeuge sprach von zwei starken Explosionen. Die Polizei
habe überprüft, ob sein Fotoapparat Aufnahmen des Angriffs enthielt, sagte
Siegfried Maurer.
Der in Europa ansässige Uigurische Weltkongress, eine Gruppe von
Exil-Uiguren, erklärte, die Behörden hätten im Vorfeld der Olympischen
Spiele zahlreiche Uiguren festgenommen. Dies habe die Stimmung in der Region
zusätzlich angeheizt, sagte Sprecher Dilxat Raxit. Xinjiang wird vorwiegend
von der muslimischen Minderheit der Uiguren bewohnt.
Infobox
Die Region Xinjiang
Im Vielvölkerstaat China zählt die Region Xinjiang im Nordwesten ähnlich wie
Tibet zu den Unruheregionen. Nach dem Ausbruch der Proteste der Tibeter im
März kam es auch in Xinjiang zu kleineren Aufständen von Uiguren gegen die
chinesische Fremdherrschaft. Beide Minderheiten beklagen politische und
kulturelle Unterdrückung durch die ihnen ethnisch fremden Chinesen, die sich
die großen Gebiete im Westen nach der Gründung der kommunistischen
Volksrepublik 1949 einverleibt hatten.
Einige Uiguren suchen eine Rückkehr zur Ostturkestanischen Republik, die in
den 40er Jahren kurz existiert hatte. Ähnlich fordern radikale Exiltibeter
die Unabhängigkeit für das größte Hochland der Erde. Das religiöse Oberhaupt
der Tibeter, der Dalai Lama, fordert aber nur eine weitgehende Autonomie für
sein Volk.
Experten sehen insgesamt eine Zunahme ethnischer Konflikte in China, die
manchmal auch ökonomische Gründe haben. So richteten sich die
Gewaltausbrüche der Tibeter am 14. März nicht nur gegen die Chinesen, die
die Wirtschaft in Lhasa in der Hand haben, sondern auch gegen muslimische
Hui, die den Fleischhandel kontrollieren.
Der China-Experte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch,
Nicholas Bequelin, sprach von dem schwersten jemals aus Xinjiang gemeldeten
Anschlag, sollte sich die Totenzahl bestätigen. 1997 waren bei einer Serie
von Bombenanschlägen in der Hauptstadt Urumqi neun Menschen ums Leben
gekommen.
IOC vertraut
chinesischen Behörden
"Was die Olympischen Spiele angeht, vertrauen wir darauf, dass die Behörden
alles Menschenmögliche tun werden, um eine sichere Veranstaltung zu
gewährleisten", sagte IOC-Sprecherin Giselle Davies. Zu dem Angriff selbst
wollte sie keine Stellungnahme abgeben.
Die Olympischen Sommerspiele beginnen am Freitag. Die chinesische Regierung
hatte im Vorfeld des Großereignisses wiederholt vor terroristischen
Anschlägen gewarnt und die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. 100.000
Sicherheitskräfte sind zum Schutz der bis zum 24. August dauernden
Wettkämpfe abgestellt. Laut Xinhua gibt es Beweise, die nahelegen, dass die
Islamische Partei von Ost-Turkestan (ETIM) für die Zeit bis Freitag
Anschläge plane
ZDF heute de Nachrichten 04-08.2008
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