Literatur
Nürnberg
Tschingis Aitmatow ist tot
Der kirgische Schriftsteller
Tschingis Aitmatow starb mit 79 Jahren nach längerem Krankenhausaufenthalt
an einer Lungenentzündung. Der weltbekannte Autor war auch als Botschafter
im Ausland aktiv.
Tschingis
Aitmatow. Der kirgisische Autor starb mit 79 Jahren an einer
Lungenentzündung. - Foto: dpa
10.6.2008 20:40 Uhr
Nürnberg - Der weltweit bekannte
Schriftsteller Tschingis Aitmatow ("Dshamilja") ist tot. Der 79-Jähriger
starb nach Angaben des Klinikums Nürnberg am Dienstagnachmittag an den
Folgen einer schweren Lungenentzündung, die schließlich zu einem
Lungenversagen führten. Aitmatow hatte Mitte Mai einen Schwächeanfall
erlitten, als er mit einem Filmteam im Wolgagebiet, 800 Kilometer östlich
von Moskau, unterwegs war. Nach einer Erstbehandlung in der russischen Stadt
Kasan war der an Diabetes leidende Aitmatow auf Anraten der Mediziner vor
drei Wochen ins Klinikum nach Nürnberg geflogen worden. Dort hatte er auf
der Intensivstation gelegen, nachdem zur Lungenentzündung auch noch
Nierenversagen gekommen war. Aitmatov wurde seither von Spezialisten
intensiv behandelt und in ein künstliches Koma versetzt.
Aitmatow wurde am 12. Dezember 1928 im kirgisischen Dorf Scheker im heutigen
Grenzgebiet zu Kasachstan geboren. Der Schriftsteller hatte seinen
internationalen Durchbruch 1958 mit der Erzählung "Dshamilja", die er als
Abschlussarbeit am Moskauer Gorki-Literaturinstitut geschrieben hatte. In
den 1970er Jahren löste sich der zweisprachig kirgisisch und russisch
aufgewachsene Autor zunehmend von der staatlich propagierten Poetik des
Sozialistischen Realismus. Er eröffnete dem Leser eine faszinierend fremde
Welt, indem er in seine Erzählungen immer wieder auch mythische Zitate
seiner kirgisischen Heimat einarbeitete. Aitmatow brachte in seinem Werk
aber auch soziale Konflikte und politische Themen zur Sprache. Neben seiner
schriftstellerischen Arbeit war er viele Jahre Botschafter im Ausland.
Treue Leserschaft auch in Deutschland
In Deutschland verfügte Aitmatow seit Jahrzehnten über eine treue
Leserschar. In den Schulen der DDR war seine Liebesgeschichte "Dshamilja"
Pflichtlektüre. Auf einer Lesereise hatte Aitmatow 2007 mit seinem Roman
"Der Schneeleopard" viele Städte in Deutschland und der Schweiz besucht. Auf
der Leipziger Buchmesse war Aitmatow im vergangenen Jahr von dermaßen vielen
Lesern mit Autogrammwünschen bedrängt worden, dass er in einen Nebenraum in
Sicherheit gebracht werden musste. Auch in seiner Heimat Kirgistan erfuhr
Aitmatow große Bewunderung. Die zentralasiatische Republik rief 2008 mit
Blick auf den 80. Geburtstag ihres berühmtesten Sohns zum Aitmatow-Jahr aus.
Zu Ehren des Autors will die ehemalige Sowjetrepublik zudem einen
Aitmatow-Nationalpreis stiften, der herausragenden Vertretern der
kirgisischen Kultur überreicht werden soll. (kda/dpa)
DER TAGESSPIEGEL
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