Guantanamo-Uiguren in Europa
Schutz gewähren
Ulrich Delius
22. Mai 2008
Zusammenfassung
Sechseinhalb Jahre nach ihrer Festnahme in Afghanistan und Pakistan werden
noch immer 17 Uiguren aus der chinesischen Region Xinjiang / Ostturkestan im
US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba festgehalten. Es sind die ersten
Opfer des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus. Der vorliegende
Menschenrechtsreport stellt nicht nur viele der Verhafteten erstmals
persönlich vor und beschreibt die Umstände ihrer Inhaftierung. In dem
Bericht wird auch deutlich, dass den Festgenommenen im Falle einer
Abschiebung nach China akute Lebensgefahr droht.
Alle Verhafteten weisen den Vorwurf der Unterstützung des Terrornetzwerkes
El Kaida und des internationalen Terrorismus glaubwürdig zurück. In dem
Bericht wird ausführlich dokumentiert, dass die US-Militärbehörden nach den
ersten Verhören zwei Jahre lang von der Unschuld der Verhafteten ausgingen
und erst Ende des Jahres 2004 willkürlich die meisten Festgenommenen zu
"feindlichen Kämpfern" erklärten, um ihre Freilassung herauszuzögern. Zudem
sind die Fluchthintergründe und Umstände der Verhaftungen der offiziell zu
"feindlichen Kämpfern" erklärten Uiguren die gleichen wie die der von den
Militärbehörden für unschuldig erklärten.
Trotz ihrer Unschuld werden diese Uiguren seit sechs Jahren von den
US-Militärbehörden wie Terroristen und Schwerstverbrecher behandelt. Sie
leben unter unmenschlichen Bedingungen in Isolationshaft. Ihre Zellen
bestehen aus kleinen Metallkäfigen ohne natürliches Licht. Mit Schlaf- und
Essensentzug, Schlägen und Einschüchterungen werden sie von Wärtern
misshandelt. Nachdem sich die Uiguren im Jahr 2004 weigerten, der
Aufforderung der US-Militärbehörden nachzukommen und Mitgefangene
auszuspionieren, wurden ihre Haftbedingungen weiter verschärft.
Die US-Militärbehörden missachten die Rechte der Gefangenen. So wurde
chinesischen Ermittlungsbeamten entgegen konkreter Zusicherungen Einsicht in
die Akten der Internierten eingeräumt. Auch durften chinesische
Sicherheitskräfte sie in Guantanamo verhören, einschüchtern, bedrohen und
photographieren. Für die uigurischen Regimekritiker und Flüchtlinge wurde
dieser Vertrauensbruch zu einem traumatischen Erlebnis.
Die US-Militärbehörden beziehen sich bei ihren Vorwürfen vor allem auf
offizielles chinesisches "Beweismaterial", das aus zahlreichen
Anschuldigungen besteht, die jedoch nicht konkret belegt sind. Im
Mittelpunkt steht dabei die "Islamische Bewegung Ostturkestans" (East
Turkestan Islamic Movement, ETIM), die von Peking als "terroristische
Bewegung" angesehen wird und der die Verhafteten angehört haben sollen.
Viele der Guantanamo-Uiguren kannten aber vor ihrer Verhaftung noch nicht
einmal den Namen ETIM. Unabhängige Experten gehen davon aus, dass es sich
bei der ETIM um eine kleine Splittergruppe handelt, deren Bedeutung von
China bewusst überschätzt wird, um Teil der weltweiten Koalition gegen den
Terror zu werden. Die US-Regierung hat die ETIM nur deshalb als
"terroristische Bewegung" registriert, um Chinas Unterstützung für ein
militärisches Eingreifen der USA im Irak zu sichern.
So sind die Guantanamo-Uiguren letztlich zum Spielball der Machtpolitik
zwischen den USA und der Volksrepublik China geworden. Dringend muss eine
humanitäre Lösung für die 17 Internierten gefunden werden, da sich ihr
Gesundheitszustand stetig verschlechtert.
Europa soll den Guantanamo-Uiguren Zuflucht gewähren, fordert die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in ihrem Report. Nur gemeinsam
können Staaten der Europäischen Union, Norwegen und die Schweiz eine
humanitäre Lösung für die 17 in dem Camp auf Kuba Internierten finden. Neben
den EU-Staaten Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Schweden, Finnland,
Großbritannien, Frankreich und Österreich lebten auch in Norwegen und
Schweden uigurische Gemeinschaften, die sich um die Integration der
Neuankömmlinge kümmern könnten. Auch sei es nicht zumutbar, dass ein
europäischer Staat allein die Last der Aufnahme aller 17 Guantanamo-Uiguren
trage, da die chinesische Regierung mit Protesten auf jede Gewährung des
Schutzes für diese Uiguren reagieren werde.
http://www.gfbv.de/report.php?id=31&stayInsideTree=1&
backlink=land.php?id=13&PHPSESSID=ecdecc7d2aa
6d7667aaa98cf505fba27
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