Zoll schreddert Schuhe aus China
Ermittler finden in 117 Containern
Rekordmenge gefälschter Markenprodukte - 945 384 Paar betrafen Nike, 33 000
Paar Puma und 72 000 Adidas mit einem Handelswert von 383 Millionen Euro.
Der
größte Schuhschredder der Welt im Hamburger Hafen
Im Hamburger Hafen läuft zurzeit die weltweit größte
Vernichtungsaktion von gefälschten Markenartikeln. In einer über Wochen
andauernden Operation muss der Inhalt von 117 sichergestellten Containern
zerstört werden. Die mehr als eine Million Paar Sportschuhe sowie Tausende
Uhren und Spielwaren haben im Original einen Handelswert von mindestens 383
Millionen Euro, wie Zoll und Oberfinanzdirektion Hamburg am Dienstag
mitteilten. Für die Vernichtungsaktion mussten sich drei Firmen
zusammenschließen, um die Masse bewältigen zu können.
Der Zoll war laut Sabine Heise, Chefin des Zollfandungsamtes, Anfang
September bei der Suche nach Schmuggelzigaretten auf die Plagiate gestoßen.
Beamte hatten gezielt Container in der Containerröntgenanlage in Waltershof
durchleuchten lassen. "Hinter zwei Reihen Billigschuhen lagen die
gefälschten Markenartikel", sagte Heise. Insgesamt wurden mittlerweile in
115 Containern Sportschuhplagiate gefunden. 945 384 Paar betrafen Nike, 33
000 Paar Puma und 72 000 Adidas. In einem weiteren Container fanden Fahnder
gefälschte Rolex- und Chopard-Uhren im Originalwert von 232 Millionen Euro.
Auch Textilien und gefälschtes Markenspielzeug wurden in einer weiteren
Sendung gefunden. Dabei reichte das Spektrum von Disney-Babyartikeln bis zu
kopierten Softairwaffen.
Die Markenfälschungen stammen allesamt aus China. Sie wurden in
verschiedenen Häfen eingeschifft und sollten über Hamburg an Scheinadressen
in Österreich, Ungarn und Italien geliefert werden. Beim Zoll geht man davon
aus, dass verschiedene Tätergruppen hinter dem Schmuggel stecken. Laut
Oberfinanzpräsident Horst Kallenbach mischt mittlerweile die organisierte
Kriminalität im großen Stil bei der Markenpiraterie mit. "Die Gewinne sind
enorm. Größer als beim Drogenhandel", sagt Kallenbach. Anfangs seien nur
hochwertige Markenartikel nachgemacht worden. Mittlerweile gebe es nichts,
was nicht illegal kopiert wird. Ein Ende der Plagiatschwemme sieht
Kallenbach nicht. "Wir haben zwar Erfolge, aber der Markt ist groß und
boomt", sagt der Oberfinanzpräsident. "Im Einzelfall mögen unsere Aufgriffe
eine abschreckende Wirkung haben. Aber die Produzenten hat es in den
vergangenen Jahren nicht abgehalten."
Die Hansestadt dürfte auch in Zukunft eine der weltweit großen Drehscheiben
für Markenfälschungen bleiben. Der Hamburger Hafen ist der bedeutendste
Fernost-Hafen Europas. Mehr als 50 Prozent der in Hamburg umgeschlagenen
Container kommen aus Asien. Eine flächendeckende Kontrolle ist nicht
möglich. 1,7 Millionen Container kommen oder gehen jährlich nach China.
Anhand von Ladepapieren suchen erfahrene Zöllner Container für Stichproben
aus. Der in diesem Fall verhinderte wirtschaftliche Schaden von über 383
Millionen Euro nähert sich schon jetzt dem Doppelten der bundesweiten
Sicherstellungen des Jahres 2005 von 213,4 Millionen Euro. Schon vor diesem
Aufgriff sind in diesem Jahr im Hamburger Hafen gefälschte Waren im
Gesamtwert von 107 Millionen Euro sichergestellt worden. In den kommenden
Wochen werden Spezialfirmen im Hafen viel zu tun haben: Dort werden die
Plagiate in einen überdimensionalen Schredder gehäckselt. Die Schuhreste
sollen nach Belgien verkauft werden. Eine Firma will aus dem Abfall
Gummi-Sportmatten machen.
Artikel erschienen am 15.11.2006
http://www.welt.de/data/2006/11/14/1110678.html
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