Ist China noch kommunistisch?
Michael Schulze von Glaßer -
Vieles wurde schon über die neue Großmacht aus Fernost gesagt. Doch herrscht
in China wirklich noch der einst von Mao eingeführte Kommunismus?
Das Wirtschaftswunderland China ist allgegenwärtig. Egal, ob man sich neue
Schuhe, Kleidung oder auch High-Tech-Geräte wie mp3-Player oder DVD-Rekorder
kauft, nahezu alles ist „Made in China“. Die Chinesen fluten mit ihren
billigen und Qualität versprechenden Produkten die internationalen Märkte
und verdrängen westliche Anbieter immer mehr vom Markt. Dabei werden
Umweltstandards und die Menschenrechte nicht nur stets rücksichtslos
umgangen, sondern chinesische Produkte gefährden, weil sie vielfach
hochgradig toxisch verseucht sind und von ihnen eine große Gefahr ausgeht
– wie Autos mit unzureichenden Knautschzonen -, die Gesundheit europäischer
Verbraucher. Für die Herstellung von Konsumgütern und auch anderer Produkte
werden in China Umwelt und Menschen in einer Weise geopfert, wie man das
bisher nur von kapitalistischen Ländern vermutete, aber nicht von dem
kommunistischen China erwartete.
Zweifellos boomt China.
Es stellt sich jedoch die Frage, warum es in China nicht schon viel eher
einen solchen Wirtschaftsboom gegeben hat.
Doch es ist kein Zufall, dass die chinesische Wirtschaft zurzeit so stark
wächst. Das kommunistische Land öffnet sich immer weiter dem Westen und
liberalisiert seine Wirtschaft - dies begann schon im Jahr 1979 mit dem
Kurswechsel, den Deng Xiaoping mit seiner Kommunistischen Partei einleitete.
Wirtschaftsliberalisierungen unterstehen weiterhin der übermächtigen
kommunistischen Partei Chinas (KPCh). In der Partei fand in den 80er Jahren
ein umdenken statt das sich im neuen Jahrtausend besonders bemerkbar macht.
Die Partei hält weiterhin alle Fäden in der Hand doch lässt sie lockerer.
China ist ein Privatisierungsparadies und durch die mangelhaften
Mitbestimmungsrechte der Bevölkerung zugleich ein Billiglohnland.
Im Ranking um das höchste Brutto Nationaleinkommen
ist die Volksrepublik China mittlerweile mit 1.676,846 Mrd. US-Dollar auf
dem 6.Platz vorgerückt. Jeder Chinese verdient zwar nur mäßig jedoch zählt
die Bevölkerung Chinas über 1,3 Milliarden Einwohner. An höchster Stelle die
USA mit 12.150,931 Mrd. US-Dollar, gefolgt von Japan mit 4749,91Mrd.
US-Dollar. Deutschland auf Platz 3 mit 2488,974 Mrd. US-Dollar und auf Platz
4 Großbritannien mit 2016,393 Mrd. US-Dollar. Frankreich mit 1858,731 und
Italien mit 1503,562 Mrd. US-Dollar. Die Schweiz – hier nicht aufgelistet –
kommt auf Platz 17 mit 356,052 Mrd. US-Dollar. Österreich – hier ebenfalls
nicht aufgelistet – steht auf Platz 21 mit 262,147 Mrd. US-Dollar.
Quelle: Weltbank 2004
China ist das El Dorado für Neoliberalisten, Menschen- und Arbeiterrechte
werden mit Füßen getreten, die politische Lage ist stabil – das Volk wird
konstant unterdrückt -, die Politiker sind bestechlich und korrupt und die
Lebenshaltungskosten niedrig - deshalb können die Unternehmen in für sie
angenehmer Atmosphäre ausbeuten wie noch nie zuvor. Fallen dann
gelegentlich Chinesen auf, weil sie im großen Stil Flüsse verseuchten und
westliche Medien berichten darüber, so werden diese von chinesischen Medien
als „Kriminelle“ genannt. Dabei ist dies alles doch genau der Ansatzpunkt
Marx’ Theorie vom Kapital - die auch der Grundsatz der KPCh ist. Ist das
paradox?
Nein, die Chinesen kennen Marx’ Texte über das Kapital; Ulkigerweise kennt
sogar beinahe jeder Chinese die deutsche Stadt Trier, in der Marx’
Geburtshaus steht.
Seltsame Wandlungen
Die Führungsriege der Kommunistischen Partei hat jedoch eine mehr als
fragwürdige Theorie erstellt. Um den Kommunismus einzuführen, braucht China
ihrer Meinung nach erst einmal einen liberalen Kapitalismus. Kommunisten in
aller Welt sind erstaunt und verwirrt zugleich. Man glaubt den
Parteiobersten nicht wirklich mit dieser Theorie, und so ist es wohl nur
noch eine Frage der Zeit, wann sie Marx’ Theorie vom ausbeuterischen
Kapitalismus ganz vergessen. Manch einer munkelt schon von China als dem
„wirtschaftsliberalsten Land der Welt“. Die „Diktatur des Proletariats“
wandelt sich in eine Diktatur der Kapitalisten.
Kann es für Kapitalisten etwas Schöneres geben als
ein Land, das die Menschenrechte mit Füßen tritt und in dem Gewerkschaften
verboten sind? Dies hat auch der amerikanische Wal-Mart-Konzern erkannt und
baut neue Filialen in ganz China.
Wenn sich Europäer, die selbst als „links“ bezeichnen, oder andere
Nicht-Chinesen die selbst ernannte Volksrepublik betrachten, so wird ihnen
übel. Wenn man beispielsweise in Deutschland von einer „linken“ Politik
spricht, meint man die Erkämpfung von Arbeiterrechten, die Kritik am
Kapitalismus und an Privatisierungen. Deutsche Sozialisten und Kommunisten
fordern beispielsweise einen Mindestlohn und viele sogar ein bedingungsloses
Grundeinkommen. Der chinesische Kommunismus aber ist in den Augen der
meisten Nicht-Chinesen nie und nimmer als links zu bezeichnen. Ganz im
Gegenteil scheint die KPCh eher der deutschen FDP näher zu stehen als der
Linkspartei. Im Übrigen sind Gewerkschaften in China verboten! Schulen
werden schon heute von Unternehmen gesponsert, weil der chinesische Staat
kein Geld für die Bildung hat. Ein weiteres klassisches Thema der Linken,
die Demokratie, ist in China hinter keinem Reiskorn zu finden.
Skrupelloses China
China scheint seinen eigenen Weg zu beschreiten, momentan einen großen
Sprung nach vorn, doch es bleibt zu hoffen, dass die Bevölkerung auch ihren
Wohlstand aus diesem Sprung zerren kann. Doch westliches Kapital trägt
dazu bei, dass die Chinesen weiterhin in Armut und zu unmenschlichen
Bedingungen leben müssen. Westliches Kapital trägt in China auch dazu
bei, die Menschenrechte nicht zu achten und die Menschen zu unterdrücken!
Ein Beispiel zeigt, wie skrupellos in China mit Menschenrechten
umgegangen wird: Nach Schätzungen werden in China jährlich 8.000 Menschen
hingerichtet. Der Tod droht den Angeklagten in China selbst dann, wenn sie
„nur“ gewaltlose Delikte begangen haben wie Steuerbetrug, Veruntreuung oder
Drogenvergehen. 80 Prozent der weltweiten Hinrichtungen finden in China
statt. Zudem wird China immer mehr zur Drehscheibe des internationalen
Organhandels – die meisten „Käufer“ sind reiche Europäer, Japaner,
Süd-Koreaner oder Amerikaner. Im April 2006 war auf der Website des
„Transplantationszentrums des Ostens“ zu lesen: „die durchschnittliche
Wartezeit (für eine passende Leber) beträgt zwei Wochen.“ Das
Changzheng-Hospital in Shanghai unterbot dies sogar noch: „Die
durchschnittliche Wartezeit für die Bereitstellung einer Leber beträgt für
alle Patienten eine Woche“.
In Deutschland wartet man im Durchschnitt fünf Jahre lang auf eine
Niere.
Das empfindliche Organ überlebt außerhalb des Körpers nur 24 – 48 Stunden,
eine Leber nur 12 Stunden. Also müssen die chinesischen Kliniken einen
riesigen Spenderkreis haben, oder – und dieser Verdacht liegt näher – es
werden die zu Tode verurteilten je nach Bedarf an Organen hingerichtet.
Rupert Wingfield–Hayes, ein China-Korrespondent der BBC hat mit versteckter
Kamera ein Gespräch mit dem Chefchirurgen des Zentralhospitals Nr.1 in
Tinanjin aufgezeichnet. Das Video bestätigte den Verdacht des gezielten
Organraubs. Im „heute – Journal“ vom ZDF wurden die Bilder am 1. Oktober
2006 ausgestrahlt. In China präsentierte die BBC das Video ebenfalls. Doch
dort schritt die Zensurbehörde ein und mitten in der Ausstrahlung gingen die
„Fernsehschirme aus“ – auch die Wiederholungen wurden in China nicht
gezeigt.
Der BBC-Reporter hatte sich als Sohn eines Leberkranken ausgegeben und so
erfahren, dass eine Leber in dem Zentralhospital für 75.000 Euro zu erwerben
ist.
Chinesischen Presseberichten zufolge reisten in den letzten drei Jahren
allein 3.000 Südkoreanische Organtouristen nach China. Auf der Angebotsliste
sind auch Nieren für 50.000 Euro zu finden und eine neue Lunge kann man für
125.000 Euro erwerben. Dieser Organraub ist nur ein Fall von Missachtung der
Menscherechte in China.
Hinrichtungen sind in China an der Tagesordnung,
gerade bei hoher Nachfrage an Organen für zahlungskräftige westliche
Patienten.
Missstände in den chinesischen Zuliefererbetrieben westlicher Konzerne
Doch die meisten schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte fallen im
Bereich der Wirtschaft an. Egal, ob Spielzeug-Autos oder „Disney“ Figuren,
alle werden in chinesischen Spielzeugfabriken unter miserablen Zuständen
hergestellt. Nicht umsonst nennt man diese Hinterhoffabriken „Schweißläden“,
denn gearbeitet wird, wie es der Arbeitgeber verlangt – ohne Pausen und ohne
Rechte und mit einem Lohn von 30 Cent am Tag. Gerne werden auch Kinder
eingestellt, die besonders fleißig und anspruchslos sind. Die Missstände in
den Zuliefererbetrieben der großen westlichen Konzerne sind oftmals so groß,
dass sie zum Tod der Angestellten führen. So kommt es häufig zu Bränden in
den mit Chemikalien arbeitenden Betrieben. Notausgänge gab es nicht: Fast
200 Arbeiterinnen kamen 1993 bei einem Brand in einer dieser „Schweißläden“
ums Leben. In der betreffenden Fabrik wurden übrigens Baby- und
Kinderspielzeuge für die italienische Firma „chicco“ hergestellt.
China vergiftet die Welt
Neben Spielzeug wird in China vor allem Elektronik und Kleidung für den
westlichen Markt hergestellt. „Geiz ist Geil“ ist auch hier die traurige
Realität und so werden neben der Missachtung von grundlegenden
Menschenrechten auch Umweltstandards gebrochen. Kleidung ist chemisch
kontaminiert und so verursachen Büstenhalter des schwedischen
Bekleidungs-Konzern H & M und anderer Marken durch die mit toxischen
Chemikalien, deren Verwendung in Europa illegal ist, verseuchten BHs bei
Frauen Brustkrebs. Erschreckend ist, dass solche Waren aus China
überhaupt die europäischen Grenzen passieren. Man könnte argwöhnen,
europäische Zöllner hätten die Anweisung, chinesische Waren ungehindert und
ohne nähere Untersuchungen hinsichtlich gesundheitlicher Gefahren passieren
zu lassen. So wird jede Gesundheitsfürsorge torpediert und
Gesundheitsreformen erhalten einen zyanid-bitteren Beigeschmack.
Dass China mit der Umwelt umgeht als hätte es eine zweite im Keller, sieht
man nicht nur daran, dass es sich weigert das Kyoto-Protokoll zu
unterzeichnen (ebenso wie die USA) obwohl China der zweit größte
Umweltverschmutzer der Welt ist.
China stinkt
Im Februar kam es im Norden des Landes zu einem schweren Chemieunfall. In
Mizhi (Provinz Shanxi) stürzten Sinkbecken eines Chemieunternehmens ein,
wodurch 2.000 Tonnen hochgiftiger Abfälle in den Fluss Wuding gelangten und
zur Gefährdung von Mensch und Umwelt führten. Noch nach Wochen war der Fluss
giftig. Die nächste Hiobsbotschaft folgte im Oktober. Auf der Höhe von
Lanzhou in der Provinz Gansu ist der „Gelbe Fluss“ auf einem Kilometer Länge
rot gefärbt. Anwohner sprachen von einer stinkenden und angeblich auch
giftigen Flüssigkeit. Das zuständige chinesische Umweltamt spielte den
Vorfall herunter und sprach von einer harmlosen Verfärbung des Wassers.
Doch was verspricht sich die chinesische Regierung von ihrem neuen
radikalkapitalistischen Kurs?
Das Volk bezahlt den wirtschaftsliberalen Kurs mit seinem Schweiß und Blut,
und der erhoffte Wohlstand ist nicht mehr in Sicht. Seit 1990 verschärft
sich die soziale Ungleichheit im Land. Wie es bei Diktaturen immer der Fall
ist, versucht die chinesische Regierung ihre Übermacht zu vergrößern. China
hat Weltmachtansprüche! Sein Ziel ist es, die USA hinter sich zu lassen.
Wer weiß, ob nicht schon der eine oder andere General der 2,5 Millionen
Mann starken chinesischen Volksbefreiungsarmee an die Weltherrschaft denkt?
So gesehen erscheint die Forderung „Die Menschenrechte müssen in China
endlich anerkannt und geachtet werden“ wie der Tropfen Wasser auf einen
heißen Stein.
sfux - 6. Nov, 08:05
http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/2895904/
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