Geistiges Eigentum
Chinesen klauen Bus-Design von MAN
Nach dem Kleinwagen Smart
(Rechtsstreit:
Chinesen kopieren den Smart. In China werden täuschend ähnliche Kopien des
Smart fortwo als Elektroauto gebaut. Besonders dreist: Nach Angaben des
Herstellers sind die gefälschten Smarts für den Verkauf in Europa gedacht.)
wagen sich die Produktpiraten jetzt erstmals an supermoderne deutsche Busse
heran. Leidtragender ist die Nutzfahrzeugsparte von MAN. Doch der Münchener
Konzern will das nicht achselzuckend hinnehmen.
Von Johnny Erling
So
sieht das Original aus:
der MAN-Reisebus "Starliner"
Foto: APPeking - MANs erst vor zwei
Jahren eingeführter Luxusbus „Starliner“ fährt mittlerweile hundertfach in
China spazieren. Nur sind es dort äußerlich verblüffend echt aussehende
Kopien des Starliner, die unter dem Namen Zonda A9 von Chinas drittgrößter
Fahrzeuggruppe für Busse, Zonda (chinesisch Zhongda), in Jiangsu hergestellt
werden.
Das Original
MAN hat im Jahr 2004 den Luxusbus
"Starliner" auf den Markt
gebracht. In China fahren Hunderte
davon herum. Doch es sind nicht
die Originale...
Die Fälschung
... in China rollen nämlich
verblüffend echt aussehende Kopien
des Starliners, die unter dem
Namen Zonda A9 in Jiangsu
hergestellt werden.
Unverwechselbar
Die schnittige, riesige
Windschutzscheibe des Starliners
hat sich Neoplan international
patentieren lassen.
Zum
Verwechseln ähnlich
Seit August 2005 gilt der
Pantentschutz für Neoplans
Busdesign auch in China. Im selben
Jahr erschienen die ersten Kopien
des Busses - wie diese hier.
Jetzt gibt's
Ärger
Über einen Strohmann kaufte
Neoplan für umgerechnet 90.000
Euro eine Zonda-Fälschung (Foto).
Ein echter Starliner würde fast
300.000 Euro kosten. Der Klon
wurde fotografiert und vermessen.
Jetzt will MAN klagen.
Hoffen auf
den Sieg
MAN nimmt an, dass sie den
Raubkopie-Prozess um die
Busfälschung gewinnen.
Hintergrund: Der legale
Starliner-Lizenznehmer in China
ist Marktführer bei den
Luxusbussen. Das soll laut MAN
auch so bleiben.
„Ich weiß nicht, wie die das angestellt haben“, sagt Franz Neundlinger,
MAN-Vizepräsident für Lastwagen und Busse. „Die Kopie ist sehr gut“, räumt
Bengt Hamsten, in Peking residierender Chef der MAN-Sparte, ein. Er
vermutet: „Sie müssen den Starliner auf der IAA von allen Seiten
fotografiert und abgemessen haben." Wegen seiner einzigartigen Form wurde
der Zonda zum „Reisebus des Jahres 2006“ gewählt.
MAN und ihr chinesischer Partner, die „Jinhua Neoplan-Yongman-Gruppe“, die
als Lizenznehmer und Produzent der Busse die eigentlichen Leidtragenden der
dreisten Abkupferei eines patentierten Designs sind, wehren sich erstmals
öffentlich. Anders als viele von Raubkopien geschädigte Firmen, die vor dem
Aufsehen zurückschrecken oder sich zähneknirschend mit ihren Verlusten
abfinden, wollen sie den Prozessweg durchfechten. Am 19. September reichten
sie Klage vor Pekings Erstem Mittleren Volksgericht ein, um Zonda die
weitere Produktion zu verbieten und Entschädigung zu verlangen. Das Gericht
nahm die Klage an, die Beweislage scheint eindeutig.
Für das mit seiner schnittigen, riesigen Windschutzscheibe weltweit
unverwechselbare Design besitzt Neoplan international Patentschutz. Es
beantragte und erhielt ihn im August 2005 auch in China. Im selben Jahr
erschienen aber schon die ersten Kopien des Busses auf dem Markt.
Deutsche Zuversicht im Rechtsstreit
Bengt Hamsten, der einst in Deutschland als Technik-Geschäftsführer bei
Neoplan an der aufwendigen und teuren Entwicklung des neuen Luxusbusses von
2001 bis 2004 beteiligt war, zeigte sich daher zuversichtlich: „Wenn wir
diesen Streit nicht gewinnen, dann weiß ich nicht, wie man sich juristisch
in China überhaupt gegen Produktpiraterie wehren kann.“ Über einen Strohmann
hatte Neoplan für rund 900.000 Yuan (90.000 Euro) einen der Zonda A 9
gekauft, ein Preis, der kaum ein Drittel der Kosten ausmacht, die ein echter
Starliner in China kosten würde. Experten fotografierten den chinesischen
Klon und stellten das nahezu identische Design fest. Um die vom deutschen
Original abweichende Fahrzeugtechnik und Verarbeitung im Inneren kümmerten
sie sich nicht, da es beim Rechtstreit nur um das patent geschützte Aussehen
geht.
„Wir hoffen, den Prozess rasch zu gewinnen“ sagte Neundlinger. Er erwartet
eine faire Verhandlung. Den Deutschen geht es diesmal nicht nur ums Prinzip,
sondern auch um die Unterstützung ihres chinesischen Lizenznehmers, der mit
den Neoplan-Bussen derzeit Marktführer im lukrativen Nischenmarkt der
Luxus-Reisebusse ist.
Bengt Hamsten verweist auch auf das neueste Busmodell von Neoplan, den
Cityliner. Im September 2006 wurde er auf der diesjährigen IAA ausgestellt.
Im November kommt er auf die Pekinger Automesse: „Wir wollen vermeiden, dass
uns auch noch der Cityliner kopiert wird.“
Artikel erschienen am 20.10.2006
http://www.welt.de/data/2006/10/20/1079730.html
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