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Reuters
Rot-Grün streitet heftig über
Atom-Lieferungen
Montag 8. Dezember 2003, 20:07 Uhr
(neu: Beschlussempfehlung für
Grünen-Fraktion)
Berlin, 08. Dez (Reuters) -
Parteiführung und Minister der
Grünen haben sich gegen den von
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD)
befürworteten Verkauf der Hanauer
Plutoniumfabrik an China gewandt.
Sie wollen zugleich eine
Exportbürgschaft für den geplanten
Bau eines Atomkraftwerks in Finnland
unter Federführung eines Konsortiums
um Siemens (Xetra: 723610.DE -
Nachrichten - Forum)
und die französische Firma Framatome
verhindern.
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte
am Montag: "Bündnis90/Grüne halten
den Export für falsch." Sie
bedauerten, dass Schröder nicht
Einfluss auf Siemens ausgeübt habe,
damit die Firma auf das Geschäft
verzichte. Sie warnten ihn vor einer
Belastung der rot-grünen Koalition.
Die Position des SPD-Vorstands zu
der Frage blieb dagegen offen. Im
Gegensatz zu Schröder halten die
Grünen die Entscheidung über den
Export für offen. Bütikofer kündigte
an, die Grünen würden einer
Bürgschaft für das Geschäft mit
Finnland nicht zustimmen. Ein Streit
zwischen Schröder und Außenminister
Joschka Fischer (Grüne) über die
Atomthemen wurde dementiert.
GRÜNEN-ENTWURF: EXPORT STÜNDE IN
WIDERSPRUCH ZUM AUSSTIEG
Der Fraktionsvorstand der Grünen
beschloss für die Sitzung der
Abgeordneten am Dienstag eine
Empfehlung, in der das Geschäft mit
China abgelehnt wird. "Der mögliche
Export der Hanauer Atomfabrik stünde
in krassem Gegensatz zur
Atomausstiegspolitik der rot-grünen
Bundesregierung und würde gegen das
Gebot der Kohärenz von Innen- und
Außenpolitik verstoßen", hieß es in
der Reuters vorliegenden Vorlage.
Die Bundesregierung sollte alles
rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um
den Export der Anlage zu verhindern.
Das gelte auch für Hermes-Bürgschaft
für das Finnland-Geschäft.
Fischer sagte zum Export: "Wenn Sie
mich nach der Sache fragen, kann ich
Ihnen nur sagen, halte ich das für
unnötig wie einen Kropf." Er fügte
hinzu: "Offensichtlich gibt es hier
auch eine rechtliche Lücke, die beim
Atomausstiegsgesetz nicht bedacht
wurde." Bütikofer bedauerte, dass
Schröder nicht Einfluss auf Siemens
genommen habe, damit die Firma auf
das Geschäft verzichte. Eine
Sprecherin des Auswärtigen Amtes
sagte, es gehe bei der noch
laufenden Prüfung darum, eine
militärische Nutzung der Anlage
auszuschließen.
Bütikofer sagte: "Das ist nicht nur
Pro-forma-Prüfung, auch wenn wir
durchaus zur Kenntnis genommen
haben, dass der Kanzler davon
ausgeht, dass das Ergebnis schon
fest stehe." Grünen-Fraktionsvize
Fritz Kuhn warnte Schröder vor einer
Missachtung des Koalitionspartners
in dieser Frage: "Ich kann nur sagen
in Richtung auch des Bundeskanzlers,
er darf natürlich nicht vergessen,
dass er mit den Grünen koaliert."
SPD-Generalsekretär Olaf Scholz
sagte, im Vorstand habe es für die
Position Schröders breite
Unterstützung gegeben, wonach der
Verkauf Plutoniumfabrik rechtlich
nicht zu verhindern ist. Schröder
sagte nach Scholz' Angaben, die
Regierung sei rechtlich gebunden. Im
Vorstand habe niemand den Wunsch
geäußert, daran etwas zu ändern.
Regierungssprecher Bela Anda sagte,
die Festlegung Schröders auf den
Export beruhe auf einer "eindeutigen
und klaren rechtlichen Bewertung".
Ein SPD-Vorstandsmitglied sagte
dagegen, es sei nicht richtig, dass
es im Vorstand breite Unterstützung
für die Regierung in dieser Frage
gebe. "Nicht nur die Grünen haben
Probleme damit, sondern auch die
SPD." Lediglich Schröder und
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement
hätten die Regierungslinie
verteidigt. Vier weitere
Vorstandsmitglieder hätten sich
kritisch geäußert. Linken-Chefin
Andrea Nahles sagte: "Es gibt in der
SPD die breite Einschätzung, dass
uns die Sache politisch geschadet
hat."
GRÜNE KÖNNTEN EXPORT-BÜRGSCHAFT
FÜR FINNLAND BLOCKIEREN
Zum Finnland-Geschäft sagte
Bütikofer: "Wir sind uns einig, dass
es von grüner Seite für diese
Hermes-Bürgschaft keine Zustimmung
geben wird." Die Grünen können sie
blockieren, da der zuständige
Regierungsausschuss, in dem das
Auswärtige Amt sitzt, laut
Wirtschaftsministerium einstimmig
entscheidet.
Scholz bewertete eine Bürgschaft
dagegen positiv. Im Vorstand hieß
es, Schröder habe den Eindruck
erweckt, als ob die Frage nicht
endgültig entschieden sei. Scholz
sagte, in der SPD-Spitze gebe es
keinen großen Widerstand gegen die
Beteiligung von Siemens an dem
finnischen Atomkraftwerk.
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© ETIC
10/12/2003 20:59 Published By A. Karakash |
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