Das vergessene Volk

Uiguren beklagen Unterdrückung doch Peking hört weg



Peking wird wwieder stumm bleiben: Wenn Uiguren heute, am zweiten Jahrestag des Massakers von Gulja, bei dem mindestens 200 Menschen getötet und 3000 verhaftet wurden, weltweit vor chinsischen Botschaften und Konsulaten gegen Menchenrechtsverletzungen in ihrem Land protestieren, erwarten sie sich keine Reaktion der Machthaber. Denn Dialog ist die Sache Chinas nicht, was seine nordwestliche Provinz Xinjiang betrifft. Die chinesischen Behörden reagieren auf Proteste aus der mehr als sieben Millionen Menschen zählenden Bevölkeping der uigurischen Minderheitin Xinjiang ausschließlich mit Repression.

Erst kürzlich wurden nach Angaben der Ostturkistanischen Union, der Vertretung der Exil-Uiguren in Eoropa, wieder 13 ihrer Landsleute hingerichtet, weil Peking sie für Separatisten hält. 44 andere angebliehe Rebellenführer sollen lebenslang hinter Gitter Die Ostturkistaniche Union beklagt die willkürliche Verhaftung Zehntausender. Offentliche Gerichtsverfahren gebee es niht, sagt Asgarcan, der Vorsitzende der Vereinigung Festgenommene würden gesetzeswidzig ohne Anklage für Monate in Haft gehalten.

Amnesty Internatiq p~ngert in einem am Donnersteg vii öffentlichten Bericht die zunehmende Härte der chinesischen Behörden gegenüber den iiigurischen Separatisten an. Es komme immer öfter zu Folterung und Morden an vermeintlichen Unabhängigkeitskämpfern.

Daß die Rebellen ihrerseits nicht vor Mord zurückschrecken, verschweigt Amnesty IndemBericht nicht. Sie hätten Beamte getötet, Bombenanschläge verübt und sich Gefechte mit Militär und Polizei geliefert.

Asgar Can erklärt die Spirale der Gewalt mit der Frustration seiner Landsleute, die getrost das vergessene Volk Zentralasiens genannt werden können. Die turkstämmgen Uiguren drohen angesichts der gezielten Ansiedlung von Han-Chinesen zur Minderheit im eigenen Land zu werden. Spraohe, Kultur und Religion der mehrheitlich muslimischen Minderheiten in Xinjiang neben Uiguren vor allem Kasachen, Kirgisen und Usbeken -iverden unterdrückt. Wirtschaftlich sehen sie sich von den Chinesen In allen Lebensbereichen übervorteilt.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion, der den benachbarten Kasachen und Kirgisen die Unabhängigkeit von Moskau brachte, erhofften sich die Uiguren zunächst Unterstützung von jenseits der Grenze. Doch das währte nicht lange. Peking hat inuner wieder deutlich gemacht, daß es auf den Nordwesten, in dem das Atomtestgelände am Lop Nor, Raketenabschußbasen so wie bedeutende Erdölvorkommen liegen, nicht verzichten wird - auch weil es bei Nachgiebigkeit in diesem Konflikt ein Aufflackem der Unabhängigkeitsbestrebungen In Tibet und der Inneren Mongolei befürchtet. 1996 schloß China nut Kasachstan und Kirgistan ein Abkommen, in dem die beiden Staaten sich verpflichteten, gegen von ihrem Territorium aus operierende separatistische Bewegungen vorzugehen. Laut Asgar Can ist es seitdem sogar schon vorgekommen, daß chinesische Polizisten über die Grenze nach Kasachstan und Kirgistan kamen, um dort mutmaßliche Rebellen featzuneh men.

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( 02.05.99 Süddeutcshe Zeitung ) Edeltraud Rattenhuber