Peking macht Druck

 
Fokuc 11.05.99


China hat die Beziehungen zu den USA größtenteils eingefroren und stellt weitere Forderungen. Peking forderte am Montag, daß der Nato-Angriff auf die chinesische Botschaft in Belgrad umfassend untersucht werden müsse. Die Verantwortlichen sollten hart bestraft werden. Bei dem Raketeneinschlag in der Nacht zum Samstag waren drei Journalisten ums Leben gekommen.

Als erste Reaktion fror China die Beziehungen zu den USA in verschiedenen Bereichen ein. Das Außenministerium kündigte an, hochrangige Militärkontakte würden verschoben und der Menschenrechtsdialog ausgesetzt. Auch die Konsultationen über die Nicht-Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit wurden vorerst gestoppt.

Peking beantragte außerdem eine weitere Sitzung des UN-Sicherheitsrates, um über den Nato-Angriff zu diskutieren.

In mehreren chinesischen Städten demonstrierten Hunderttausende gegen den Beschuß der Botschaft. In Peking flachten die Proteste am Montag aber etwas ab. Unbestätigten Meldungen zufolge haben die Parteikader die Beschäftigten angewiesen, ab Dienstag nicht mehr zu demonstrieren, um den Eindruck zu vermeiden, die Lage gerate außer Kontrolle.

Kosovo-Diplomatie in der Sackgasse?

Der chinesische Staats- und Parteichef Jiang Zemin verlangte eine Ende der Nato-Angriffe auf Jugoslawien. Vorher könne der UN-Sicherheitsrat nicht über eine Lösung der Balkan-Krise diskutieren, meinte Jiang in einem Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Boris Jelzin.

Bonn stufte die für Mittwoch vorgesehene China-Reise von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Peking zum Arbeitsbesuch herab. Der Chef der außenpolitischen Abteilung im Kanzleramt, Michael Steiner, sagte im ARD-Morgenmagazin: „Wir müssen das Besuchsprogramm umorganisieren. Der Kosovo-Konflikt steht im Vordergrund.“

„Washington Post“: CIA verwendete veraltete Karte

Die „Washington Post“ meldete am Montag unter Berufung auf Nato-Kreise, auf der vom US-Geheimdienst CIA verwendeten Karte von Belgrad sei die Pekinger Botschaft gar nicht eingezeichnet gewesen. Nachdem die CIA das falsche Ziel ausgesucht habe, hätten der Generalstab der US-Streitkräfte, das US-Kommando in Europa und die Nato grünes Licht für den Beschuß gegeben, ohne die Adresse zu überprüfen.

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10.05.99, 17:20 Uhr