Peking (AFP) - Als erster US- Präsident seit dem Massaker auf dem Pekinger Tiananmen-Platz ist Bill Clinton gestern zu seinem umstrittenen Staatsbesuch in China eingetroffen. Erste Station der neuntägigen Reise war die historische Kaiserstadt Xian. Dort verteidigte Clinton in einer Rede die Politik des Dialogs gegenüber Peking. Schon vor dem Abflug hatte er sich erneut dagegen ausgesprochen, China in der Diskussion um Menschenrechte "in die Enge zu treiben".
In Xian nahm die Polizei am Tag vor Clintons Ankunft nach Angaben des Hongkonger Informationszentrums für Menschenrechte und demokratische Bewegung in China die Dissidenten Yan Jun und Li Zhiying fest. Yan gehörte zu den 70 Bürgerrechtlern, die Clinton in einem offenen Brief aufgefordert hatten, bei seinem Besuch auch mit Regimegegnern zu sprechen und die umstrittene Empfangszeremonie auf dem "blutbefleckten Tiananmen-Platz" abzusagen.
Der 32jährige Li trat in der Vergangenheit mehrfach als Unterzeichner von Protesteingaben hervor. Beide seien aus ihren Wohnungen abgeführt worden, meldete das Informationszentrum.
Die chinesische Polizei hinderte zudem ausländische Journalisten daran, ein Gespräch mit einem bekannten Bürgerrechtler zu führen. Am Samstag will die chinesische Führung den Gast mit einer von Menschenrechtlern scharf kritisierten Zeremonie auf dem Tiananmen-Platz begrüßen, wo sie im Juni 1989 die Demokratiebewegung mit Panzern niederwalzen ließ.
TAZ Nr. 5566 vom 26.06.1998 Seite 10 Ausland 48 Zeilen
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