ai: EU-Haltung zu China ist "Armutszeugnis"
1998-03-08 12:04:00


Wien (APA) - Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat Österreich im Hinblick auf die Übernahme der Präsidentschaft der Europäischen Union im "Menschenrechtsjahr" 1998 aufgefordert, die Volksrepublik China nicht einfach aus ihrer "Verantwortung für die Menschenrechte ihrer Bürger zu entlassen." Die Entscheidung der EU, bei der kommenden Tagung der UNO-Menschenrechtskommission in Genf keine Resolution zu China einzubringen, sei ein "enttäuschendes Signal an die Opfer der Menschenrechtsverletzungen" in China, stellte die Organisation in einer Presseerklärung fest.

Der Beschluß der EU-Außenminister setze sich über die Forderung des Europäischen Parlaments hinweg, China auf der Tagesordnung für Genf "höchste Priorität" einzuräumen. Aus der Sicht von amnesty international hat sich im vergangenen Jahr lediglich die Rhetorik, nicht aber die Praxis der Pekinger Behörden geändert. Tausende mutmaßliche Regimekritiker seien willkürlich verhaftet worden, tausende politische Gefangene seien in Haft. Schauprozesse gegen politische Häftlinge und Todesurteile nach unfairen Gerichtsverfahren seien an der Tagesordnung. "Es ist ein Armutszeugnis für die EU-Außenpolitik, im wichtigten UNO-Menschenrechtsgremium aus Angst um lukrative Märkte darauf zu verzichten, Regierungen für ihre Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen", erklärte ai-Österreich-Sprecherin Gabriele Juen. Der angekündigte "Dialog" der EU mit China zu Menschenrechtsfragen könne kein Ersatz für eine klare Sprache im Rahmen der Tagung der UNO-Menschenrechtskommission sein.