Pekings Polizei
verstärkt Sicherheitsmaßnahmen
Explosion im Park war
angeblich Selbstmordtat
Von JOHNNY ERLING
Peking - In Peking sind die Sicherheitsvorkehrungen in der Innenstadt verschärft worden, nachdem in einem Park eine Bombe explodiert war. Die Behörden stellten den Zwischenfall gestern als Selbstmord eines aus der Provinz Hunan nach Peking gekommenen Mannes hin und verwiesen auf seinen Abschiedsbrief. Die Ortswahl der Tat hat die Sicherheitskräfte alarmiert. Der Sun-Yatsen-Park grenzt an den Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen), der in den kommenden Wochen wegen zweier Daten die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich zieht. Am 4. Juni jährt sich zum achten Mal das Gedenken an die von Chinas Militär blutig niedergeschlagenen Studentendemonstrationen.
Vorbereitungen für eine große Propagandafeier vom 30. Juni auf den 1. Juli sind in vollem Gange. Rund 100 000 ausgewählte Bürger Pekings sollen die Übergabe Hongkongs an China mit Aufführungen und einem riesigen Feuerwerk feiern. Passierscheine und Kontrollen sind vorgesehen. Journalisten müssen sich gesondert akkreditieren lassen.
Nach der bis heute unaufgeklärten Busexplosion am 7. März in der Pekinger Xidan-Einkaufsstraße, bei der mehrere Personen verletzt wurden, waren die Sicherheitsvorkehrungen überprüft worden. Dabei kann die Polizei Hunderttausende von einkaufenden Passanten nicht kontrollieren, soll aber dennoch garantieren, daß China nach außen ein Bild der Einheit und politischen Stabilität vermittelt. Die Behörden geben dazu täglich Garantien ab. So versprachen gestern Verantwortliche aus neun Provinzen Chinas, alle Kräfte zu mobilisieren, um die neue Eisenbahnstrecke von Peking bis nach Hongkong gegen jede denkbare Störung zu schützen.
Die bislang schwersten bekanntgewordenen Bombenattentate wurden offenbar von Separatisten am 25. Februar auf drei Busse in Xinjiangs Hauptstadt Urumqi verübt. Neun Menschen starben, 74 wurden verletzt. Die Kantoner Abendzeitung "Yangcheng Wanbao" berichtete von einer Sprengstoffexplosion in einem Überlandbus am 12. Mai im Kreis Shunde in Südchina. Fünf Personen starben, darunter das Pärchen, das angeblich die Bombe zündete. Trotz ihres Aufrufs zur Stabilität tolerieren Pekings Behörden begrenzte friedliche Proteste. Am Montag nachmittag demonstrierten rund 80 Anwohner zweier Außenbezirke Pekings vor der Stadtregierung gegen kriminelle Baugesellschaften, die sie aus ihren Wohnvierteln und Häusern vertreiben wollen. Sie blieben unbehelligt.
Copyright: DIE WELT, 15.5.1997