Peking - Der Terrorismus ist aus chinesischer Sicht die größte Gefahr für die Sommerspiele in Peking.
Die Polizeibehörden wiesen aber
Behauptungen einer angeblichen
uigurischen Terrorgruppe in einem
Internetvideo zurück, dass eine
Reihe von Anschlägen in China in
den vergangenen Monaten auf ihr
Konto gehe. Es gebe keine Hinweise
auf terroristische Hintergründe
für die Explosionen wie jüngst in
Bussen in Südchina mit zwei Toten.
In dem Video hatte eine „Turkestanische
Islamische Partei“ behauptet,
hinter den Anschlägen zu stecken.
Ein vermummter Kommandeur rief in
dem dreiminütigen Film auch zu
Terrorakten während der
Olympischen Spiele auf. Experten
stellten die Glaubwürdigkeit des
Videos aber infrage.
Ohne auf das Video einzugehen,
sagte die Sprecherin des
Organisationskomitees (BOCOG),
Wang Hui, am Sonntag vor der
Presse in Peking: „Der Terrorismus
ist die größte Gefahr für
Olympische Spiele.» Es werde alles
unternommen, um für sichere Spiele
in Peking zu sorgen. Obwohl China
bis heute von größeren
Terroranschlägen verschont wurde,
hat die Polizei internationale
Terrorgruppen, uigurische Gruppen
sowie kriminelle Akte als größte
Gefahren für die Spiele
identifiziert, wie die
Nachrichtenagentur Xinhua
berichtete. Schon heute herrschen
massive Sicherheitsvorkehrungen,
die aber nicht nur auf die
Terrorgefahr zielen, sondern auch
verhindern sollen, dass Proteste
von China-Kritikern die Spiele
überschatten könnten.
Die Authentizität des
Terrorvideos, das zunächst das
Washingtoner IntelCenter
bekanntgemacht hatte, wurde von
einer Reihe von Experten
angezweifelt. Der amerikanische
Uiguren-Experte Dru Gladney sagte,
exil-uigurische Gruppen hätten
keineswegs zu Störungen der
Olympischen Spiele aufgerufen.
Über die „Turkestanische
Islamische Partei“ ist wenig
bekannt. Doch bringen Experten die
Gruppe mit der „Ostturkestanischen
Unabhängigkeitsbewegung“ (ETIM) in
Verbindung, die von China und den
USA als Terrorgruppe eingestuft
worden ist.
Uiguren-Experte Gladney wies aber
darauf hin, dass die ETIM schon
seit Jahren nicht mehr in
Erscheinung getreten sei. Die
Bewegung, wenn es jemals eine
gewesen sei, habe seines Wissens
nach ohnehin nie viele Anhänger
gehabt. Die chinesische Regierung
benutze den Namen ETIM heute
undifferenziert für uigurische
Unabhängigkeitsgruppen. Die
Sicherheitsbehörden hatten die in
dem Video genannten Anschläge
bisher auch nicht mit Olympia in
Verbindung gebracht. Eine
Explosion in einem Bus in
Shanghai, die auch angeführt war,
hatte laut Polizei „nichts mit
Terroranschlägen zu tun», wie
Xinhua berichtete.
Chinas Polizei unterstellt
gleichwohl uigurischen
Separatisten, Anschläge auf die
Spiele verüben zu wollen. Seit
Jahresanfang wurden mehrere
Razzien und Dutzende Festnahmen
von Uiguren gemeldet, die
angeblich Anschläge auf die Spiele
geplant haben sollen. Konkrete
Beweise wurden nicht
veröffentlicht. Xinjiang im
Nordwesten ist neben Tibet eine
weitere Unruheregion Chinas. Das
muslimische Turkvolk der Uiguren
fühlt sich durch die chinesische
Fremdherrschaft unterdrückt.
Chinas Führung hatte sich das
frühere Ostturkestan nach der
Gründung der Volksrepublik 1949 -
ähnlich wie Tibet - als autonome
Region einverleibt. Exil-Uiguren
fordern eine Wiederherstellung der
einstigen Ostturkestanischen
Republik.