Dossier
US-Internetfirmen verteidigen
Selbstzensur in China
US-Abgeordnete haben deutliche
Kritik am Engagement der großen
IT-Konzerne in China geäußert.
Firmen wie Microsoft, Yahoo, Google
und Cisco Systems wurde vorgeworfen,
für den Zugang zum boomenden
chinesischen Markt der Regierung in
Peking bei der Unterdrückung von
Dissidenten zu helfen.
Der
demokratische Abgeordnete Tom Lantos
sagte an die Unternehmen gewandt,
sie hätten große Reichtümer und
Einfluss angesammelt, "aber offenbar
nur sehr wenig soziale
Verantwortung". Das Vorgehen der
Firmen in China "ist eine Schande",
sagte Lantos am Mittwoch vor einem
Ausschuss des Repräsentantenhauses.
"Ich kann nicht verstehen, wie ihre
Firmenchefs ruhig schlafen können."
Ein
Vertreter von Google, Elliot Schrage,
sagte, dass das Geschäft in China
mit Selbstzensur verbunden sei. Und
das sei etwas, was gegen das
Selbstverständnis der Firma
verstoße. Man habe sich aber
trotzdem für ein Engagement in China
entschieden, weil man der
Überzeugung sei, dass dies ein
"bedeutender, wenn auch
unvollkommener Beitrag zur
Ausweitung des Zugangs zu
Informationen in China ist".
Michael Callahan von Yahoo sagte,
die angesprochenen Fragen gingen
über den Rahmen einer einzelnen
Firma oder eines Industriebereichs
hinaus. Die Firmen forderten
ihrerseits die US-Regierung auf,
sich bei den ausländischen
Regierungen gegen jede Zensur
auszusprechen und für einen freien
Zugang zu Informationen einzusetzen.
Chinesischer Beamter widerspricht
Experten
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China
bestreitet, dass Cyber-Dissidenten
inhaftiert werden
Ein
hoher chinesischer Beamter
verteidigte indes die Filterung
politisch unliebsamer Informationen
aus Suchmaschinen. Niemand werde für
Äußerungen im Internet inhaftiert,
hieß es. Nur sehr wenige
ausländische Webseiten seien wegen
"schädlicher oder illegaler Inhalte"
blockiert. Es gehe meist um
"Pornografie oder Terrorismus",
sagte der Vizechef des Internetbüros
beim Staatsrat, Liu Zhengrong, nach
Angaben der "China Daily" vom
Mittwoch. Im Gegensatz dazu
verwiesen Experten darauf, dass
chinakritische Informationen wie
über die Kommunistische Partei, die
blutige Niederschlagung der
Demokratiebewegung 1989, über Taiwan
und das religiöse Oberhaupt der
Tibeter, den Dalai Lama, gesperrt
sind.
Der
hohe Beamte bestritt die
Inhaftierung von
"Cyber-Dissidenten": "Niemand in
China ist inhaftiert worden, nur
weil er oder sie im Internet etwas
gesagt hat." Menschenrechtler zählen
dagegen 49 solcher Bürgerrechtler in
chinesischer Haft, die kritische
Aufsätze im Internet verbreitet
hatten. Obwohl China auch Webseiten
wie die der britischen
Rundfunkgesellschaft BBC, der
"Stimme Amerikas" (VOA) und von
Menschenrechtsgruppen sperrt, sagte
der Funktionär Chinas, die
Vorschriften deckten sich mit
internationaler Praxis. Verschiedene
Länder kontrollierten das Internet
aber unterschiedlich. Mit rund 110
Millionen Nutzern ist China nach den
USA heute schon der zweitgrößte
Internetmarkt der Welt. Jeden Tag
kommen 20.000 neue Nutzer hinzu.
Empörung
von Bürgerrechtlern
Scharfe Kritik und Empörung hatten
die Selbstzensur der Unternehmen in
ihren chinesischen Suchmaschinen,
ihre Hilfe beim Filtern von
politisch unliebsamen Inhalten sowie
die Herausgabe von persönlichen
Daten und E-Mails zur Verfolgung von
Bürgerrechtlern ausgelöst. Der
Vizechef des chinesischen
Internetbüros sagte, ausländische
Unternehmen "müssen chinesische
Vorschriften einhalten". "Nachdem
ich mir die Gesetzgebung zum Thema
Internet im Westen angesehen habe,
habe ich festgestellt, dass die
dortigen Gesetze die gleichen Ziele
verfolgen wie unsere", sagte er.
Der
Sprecher des Außenministeriums, Liu
Jianchao, sagte: "Es gibt schädliche
und illegale Inhalte im Internet,
die die gesunde Entwicklung junger
Leute schädigen." Verschiedene
Länder hätten unterschiedliche
Vorschriften. China wolle
"unmoralische und schädliche
Inhalte" begrenzen, sagte der
Sprecher. Experten wiesen allerdings
darauf hin, dass Porno-Seiten von
China ungeachtet der sonst weit
gehenden Kontrollen durchaus
erreicht werden können.
15.02.2006 © 2006 Financial Times
Deutschland, © Illustration: AP |