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News Headings 22 November 2001, Issue: 06

Die Ereignisse des 11. September: Auswirkungen auf das Streben der Uiguren nach Unabhängigkei




BIld: Der chinesische Regierungssprecher Zhu Bang Zou bezeichnet bei einer Ansprache während einer Pressekonferenz in Beijing vor westlichen Medien die Uiguren als "Terroristen".

1. Chinesische Regierung stellt Uiguren als "Terroristen" dar

Die Ereignisse des 11. September haben unsere Welt völlig verändert. Russland, China und die an Afghanistan angrenzenden Staaten wie Pakistan und die zentralasiatischen Staaten versuchen von diesen tragischen Ereignissen zu profitieren. Obgleich China nach den Ereignissen des 11. September seine Solidarität mit den USA zum Ausdruck brachte, war es dabei nicht aufrichtig. Wie dem auch sei, China ist von den Ereignissen, die unmittelbar nach dem Angriff auf die USA erfolgten, wie dem von den USA angeführten Krieg gegen die Herrschaft der Taliban in Afghanistan, der Präsenz amerikanischer Truppen in Pakistan und der Beziehungen zwischen Russland und USA beunruhigt. Mit einem Mal verloren die langgepflegte "Shanghai Cooperation Organization" und insbesondere die vor kurzem unterzeichnete chinesisch-russische Freundschafts- und Kooperationsvereinbarung jegliche Bedeutung. Alle Anstrengungen, den Einfluss Chinas auf Zentralasien auszuweiten und sich mit Russland gegen die USA zusammenzuschließen, lösten sich über Nacht im Rauch auf.

In dieser Situation versuchte China gegenüber den Uiguren diplomatisch zu punkten. Um sein Vorgehen gegen die Uiguren in Ostturkestan zu rechtfertigen, stempelte China die Uiguren einmal mehr zu "Terroristen". Zum Beispiel versuchte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Zhu Bang Zau nur eine Woche nach den September-Angriffen auf die USA mit den USA ins Geschäft zu kommen, als er während einer Pressekonferenz sagte: "Amerika sollte unsere gegen muslimische Separatisten gerichtete Politik in Xinjiang verstehen und akzeptieren". Danach brachten in einem Zeitraum von zwei Monaten zahlreiche Regierungsvertreter, wie Außenminister Tang Jua Shuan und der Sprecher des Außenministeriums Zhu Bang Zau die Position der Regierung insbesondere hinsichtlich der Uiguren in Ostturkestan zum Ausdruck. Anfangs bezeichneten sie die Uiguren als "Muslimische Separatisten" aber dann brandmarkten sie sie offen mit den Bezeichnungen "Uigurische Separatisten" und "Uigurische Terroristen". Schließlich sagte Außenminister Tang Jua Shuan während der 52. Sitzung des jährlichen UN-Gipfels in New York am 11. November in Bezug auf die Uiguren in Ostturkestan folgendes: "Uiguren sind Terroristen, sie wurden in Afghanistan ausgebildet und unser Kampf gegen die Uiguren ist Teil einer Kampagne gegen den internationalen Terrorismus".

Am 14. November beschuldigte der Pressesekretär des chinesischen Außenministeriums Sun Yishi während einer Pressekonferenz in Peking die uigurischen Organisationen erneut sowohl in als auch außerhalb Ostturkestans während der vergangenen zehn Jahre in "terroristische Aktivitäten" verwickelt gewesen zu sein.

Am 16. November wurde in der in China herausgegebenen Zeitschrift "NEWS" folgender Artikel veröffentlicht: "Xinjiang: Die Auferstehung der Terroristen in Ostturkestan". In diesem Artikel wurden absurde Aussagen gemacht, wie "es gibt keine Geschichte Ostturkestans, die Uiguren und wir haben die gleiche Abstammung, sie sind keine Türken, Xinjiang war immer Teil Chinas, alle Separatisten in Xinjiang sind Terroristen".

2. China verstärkt die Repression gegen die Uiguren

Nach dem 11. September verstärkte die chinesische Regierung ihre Anstrengungen, die Uiguren in den internationalen Medien als "Terroristen" darzustellen und andererseits intensivierten sie die Unterdrückung der Uiguren unter dem Vorwand eines Kampfes gegen den "Terrorismus" in Ostturkestan.

Gemäß Informationen, die das "Informationszentrum Ostturkestans" von zuverlässigen Quellen erhalten hatte, wurde beispielsweise nicht lange nach dem 11. September, am 20. September in Urumchi während eines Treffens von XUAR Sicherheits- und hochrangige Parteikadern gesagt, dass die jüngsten Ereignisse die beste Gelegenheit böten, den "Terrorismus" zu bekämpfen und den "nationalen Separatismus in Xinjiang zu eliminieren". Seit Beginn der Kampagne "Harter Schlag" wurde den Sicherheitskräften und der Polizei die Anweisung gegeben "zuerst verhaften, dann befragen". Als Ergebnis dieser Maßnahme stiegen in Gebieten mit starker uigurischer Bevölkerung die Verhaftungen und Überführungen dramatisch an. Innerhalb zweier Monate nach dem 11. September, nahm die chinesische Polizei mehr als 3000 Uiguren fest.

In den ostturkestanischen Städten Ghulja, Aqsu, Qashqar, Hotan und den Regionen Shayar, Uchturpan und Unsu wurden in neun öffentlichen Gerichtsverfahren 13 Uiguren zum Tode verurteilt und am selben Tag hingerichtet. Mehr als 131 Uiguren wurden zu unterschiedlich langen Haftstrafen verurteilt. Sie wurden alle bezichtigt, in "illegalen religiösen Praktiken" und "in Spaltungsabsichten" involviert gewesen zu sein.

Die chinesische Regierung intensivierte ihre Repressionsmaßnahmen nicht nur politisch, sondern auch militärisch. "Um die Grenze zu Afghanistan zu sichern und nach Uiguren zu suchen, die von dort fliehen", transferierte das chinesische Militär beispielsweise nach den Septemberereignissen sieben
Divisionen und Marineinfanteristen von Lan Zhou in die an Afghanistan angrenzende Region Qashgar. Weiterhin wurde im November eine aus 15 Mitgliedern bestehende Delegation von Peking nach Urumchi entsandt, um "die politische Einheit der Region zu stärken". Es ist offensichtlich, dass deren Ankunft die schon beklagenswerten Lebensbedingungen der Uiguren in dieser Region weiter verschlechtern wird, da sie und ihre lokalen Marionetten die Unterdrückung der lokalen Bevölkerung ausweiten werden.

3. Sind die Uiguren Terroristen?

Nach dem 11. September versehen die chinesischen Behörden die Uiguren mit dem Etikett "Terroristen" und bezeichnen deren Organisationen als "terroristisch". Bevor wir diese Anschuldigungen in Abrede stellen, wollen wir zuerst definieren was eine terroristische Tat, ein Terrorist und eine terroristische Organisation ist. Eine terroristische Tat ist eine Tat bei der ein Einzelner oder eine Gruppe Gewalt gegen Zivilisten androht oder anwendet, um seine/ihre politischen Ziele zu erreichen. Terroristen sind Individuen, die in terroristischen Aktivitäten verwickelt sind und eine Terrorgruppe ist eine Gruppe die aus Terroristen besteht. Terroristische Gruppen leiten ihre Ideen von einer falschen oder bösartigen Grundlage ab und ihre Taten zielen auf Fundamente friedlicher demokratischer Gesellschaften, deren Gesetze und das bloße Leben der Menschen. Wie Präsident Bush sagte, kennt der Terrorismus keine Nationalität, keine Staatsgrenzen und keine Religion.

Nach den Ereignissen des 11. Septembers veröffentlichte die US-Regierung eine Liste mit 27 terroristischen Gruppen, welche die Weltgemeinschaft bedrohen. Es gibt keinen einzigen Beweis einer Verbindung der Uiguren zu den genannten Gruppen, die direkt oder indirekt in Aktivitäten Osama Bin Ladens oder der Taliban-Regierung verwickelt sind.

Heute leben die Uiguren unter chinesischer Besatzung. Uiguren sind entgegen der Behauptungen der Chinesen keine ethnischen Chinesen. In Religion, Sprache, Sitten und in ihrer physischen Erscheinung unterscheiden sich die Uiguren von den Chinesen und die Uiguren betrachten sich selbst als turkstämmige muslimische Nation. Ostturkestan ist nicht Teil Chinas und die unlängst von China besetzten Gebiete wurden in eine Kolonie verwandelt.

Uiguren haben niemals die chinesische Besatzung akzeptiert. Während der vergangenen 100 Jahre der Besatzung haben die Uiguren unerbittlich für die Unabhängigkeit gekämpft. In der Tat war es den Uiguren während des letzten Jahrhunderts nur zweimal vergönnt, ihre Unabhängigkeit zu erlangen und die Republik Ostturkestan zu etablieren. Die Uiguren bezahlten für ihre Freiheit einen hohen und blutigen Preis. Eine Abmachung zwischen Stalin und Mao führte 1949 zur chinesischen Besetzung Ostturkestans.

Die Uigurische Nation hat nie ihren Traum nach Befreiung aufgegeben und führt seit 50 Jahren ihren Kampf gegen die Besatzung. Die Aktivitäten sowohl innerhalb als auch außerhalb Ostturkestans sind das beste Beispiel für den Kampf der Uiguren. Mehr als 100 000 Uiguren sind in Ostturkestan inhaftiert und viele wurden des "Terrorismus", der "Spaltung" und der Verwicklung in "illegale religiöse Aktivitäten" bezichtigt und hingerichtet. Jeder Uigure möchte in Freiheit leben und sich vom chinesischen Joch befreien.

Die chinesischen Behörden klagen nicht nur die in Ostturkestan lebenden Uiguren, sondern auch uigurische Organisationen außerhalb Ostturkestans des Terrorismus an. Am 14. November bezeichnete der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Zhu Bang Zau während einer Pressekonferenz in Peking zahlreiche uigurische Organisationen als "terroristisch". Insbesondere erwähnte er das Informationszentrum Ostturkestan und dessen Journalist Dilshat Reshit. Das vor fünf Jahren in München eröffnete Informationszentrum Ostturkestans legt seinen Aktivitäten die demokratischen Prinzipien und die Redefreiheit zu Grunde. Das Hauptziel des Zentrums bestand darin, die Weltgemeinschaft mit aktuellen und akkuraten Informationen über Ostturkestan zu versorgen. Das Zentrum hat sich zu einer angesehenen Stimme des uigurischen Volkes entwickelt, welches Informationen aus erster Hand, die oft unter großen Risiken dewonnen wurden, verbreitet. Herr Dilshat Reshit ist als Journalist für das Zentrum in Schweden tätig. Die falschen Anschuldigungen der chinesischen Behörden zeigen einmal mehr die Nervosität der chinesischen Regierung im Umgang mit der uigurischen Frage.

4. Die Welt beginnt die uigurischen Klagen zu hören

Obwohl sich China nach Kräften bemüht die Uiguren zu Terroristen zu stempeln, ist ihnen dabei nur wenig Erfolg beschieden. Die USA, Westeuropa und die anderen demokratischen Staaten sind nicht von den chinesischen Anschuldigungen überzeugt. Im Gegenteil hat die Weltgemeinschaft ihre Bedenken über die neuesten Ereignisse in Ostturkestan zum Ausdruck gebracht. Beispielsweise bat Präsident Bush sein chinesisches Gegenstück Jiang Zemin während seines Besuchs in Shanghai am 21. Oktober den Kampf gegen den Terrorismus nicht als Vorwand zu missbrauchen, den Druck auf ethnische Minderheiten zu verstärken. Es ist offensichtlich, dass mit ethnischen Minderheiten die Uiguren gemeint waren.

In Brüssel wurde der Dritte Ostturkestanische Nationalkongreß entgegen allen chinesischen Absichten, diesen zu verhindern erfolgreich im Gebäude des europäischen Parlaments abgehalten. Das europäische Parlament demonstrierte damit einmal mehr seine prinzipielle Position in Menschenrechtsfragen und beugte sich den chinesischen Druck nicht. Am 9. November brachte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Mrs. Marie Robinson während ihrer Reise nach China ihre Bedenken hinsichtlich der Uiguren und der Verletzung der Menschenrechte in Ostturkestan zum Ausdruck.

Die chinesischen Behörden konnten keine Beweise für mutmaßliche Verbindungen zwischen uigurischen Organisationen und dem internationalen Terrorismus vorlegen. Die chinesische Regierung hoffte darauf, dass allein die Bezeichnung der Uiguren als Terroristen ausreichen würde, die Unterstützung der Weltgemeinschaft und der USA für die chinesische Unterdrückung der Uiguren zu gewinnen. Aber die Weltgemeinschaft schenkte den Lügen der chinesischen Regierung keinen Glauben. Im Gegenteil glauben viele Uiguren, dass es sich bei der chinesischen Regierung selbst um eine terroristische Organisation handelt. Langsam begann die Weltgemeinschaft die Tragödie die Uiguren und das Ausmaß der chinesischen Repression zu begreifen.

5. Warum die chinesischen Kommunisten die Uiguren zu Terroristen stempeln

Bis vor kurzem verwandte die chinesische Regierung Slogans wie "es gibt keine zwischenethnischen Probleme in China" und "die chinesische Nation steht wie ein Mann". Vornehmlich um die internationale Gemeinschaft und die Medien zu täuschen. Chinesische Regierungsvertreter haben immer nur sehr vorsichtig die Begriffe Ostturkestan, die Unabhängigkeit Ostturkestans oder Organisation Ostturkestans benutzt. Wahrscheinlich dachten sie, dass die Erwähnung dieser Themen das "Ostturkestanproblem" internationalisiert hätte.

Unlängst hat die chinesische Regierung einen vollkommen anderen Weg eingeschlagen: Zahlreiche hochrangige chinesische Regierungsvertreter machten die Welt auf die Existenz der Ostturkestanorganisation und das Problem des uigurischen "Separatismus" aufmerksam. Obwohl sich die chinesische Regierung ehedem vor einer Erwähnung der uigurischen Unabhängigkeitsbewegung in den internationalen Medien gefürchtet hatte, unterrichtete sie nun selbst die ganze Welt über dieses Problem. Offensichtlich war dies der chinesischen Regierung nicht leicht gefallen.

Die chinesische Regierung enthüllte damit deutlich die Tatsache, dass es unmöglich war, das Ostturkestanproblem weiterhin Tod zu schweigen. In der Tat war es nur eine Frage der Zeit bis das Ostturkestanproblem die internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. In dieser Situation versuchen die chinesischen Behörden die Gelegenheit beim Schopfe zu ergreifen, die von den USA angeführte weltweite Kampagne gegen den internationalen Terrorismus gegen die Uiguren zu instrumentalisieren, indem sie sie zu islamischen Terroristen stempelten. Das Hauptziel des Vorgehens der chinesischen Regierung kann folgendermaßen verstanden werden: Erstens soll der uigurischen Unabhängigkeitsbewegung jegliche Unterstützung von Seiten der internationalen Gemeinschaft entzogen werden. Zweitens soll die Unterdrückung der Uiguren fortgesetzt und sollen die Unterstützer der uigurischen Unabhängigkeit in Ostturkestan ausgelöscht werden.

Die chinesische Regierung glaubt, dass wenn sie oft genug wiederholt, die Uiguren seien Terroristen, weil sie Muslime sind, und den Separatismus unterstützen, die Welt ihnen Glauben schenken wird, auch wenn sie keine Beweise zur Unterstützung ihrer Anschuldigungen liefern können. Insbesondere behaupteten die chinesischen Regierungsvertreter, dass die Uiguren Verbindungen zu Osama bin Laden haben, was aber nicht der Fall ist.

Menschenrechtsorganisationen begriffen als erste in der westlichen Welt wie die kommunistische chinesische Regierung die Uiguren in Ostturkestan behandelte. Indem die internationale Gemeinschaft auf diese Menschenrechtsorganisationen hörte hat sie das Ansinnen, das Uigurenproblem als ein Problem des internationalen Terrorismus zu bezeichnen mit Nachdruck zurückgewiesen. Erstmals seit 137 Jahren fühlen die Uiguren, dass sie nicht in der Welt vergessen worden sind und die internationale Gemeinschaft ernsthaft um ihre Situation besorgt ist.

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© ETIC  03/02/2003 22:09  Published By A. Karakash