Die Ereignisse des 11. September:
Auswirkungen auf das Streben der
Uiguren nach Unabhängigkei
BIld: Der chinesische
Regierungssprecher Zhu Bang Zou
bezeichnet bei einer Ansprache
während einer Pressekonferenz in
Beijing vor westlichen Medien die
Uiguren als "Terroristen".
1. Chinesische Regierung stellt
Uiguren als "Terroristen" dar
Die Ereignisse des 11. September
haben unsere Welt völlig verändert.
Russland, China und die an
Afghanistan angrenzenden Staaten wie
Pakistan und die zentralasiatischen
Staaten versuchen von diesen
tragischen Ereignissen zu
profitieren. Obgleich China nach den
Ereignissen des 11. September seine
Solidarität mit den USA zum Ausdruck
brachte, war es dabei nicht
aufrichtig. Wie dem auch sei, China
ist von den Ereignissen, die
unmittelbar nach dem Angriff auf die
USA erfolgten, wie dem von den USA
angeführten Krieg gegen die
Herrschaft der Taliban in
Afghanistan, der Präsenz
amerikanischer Truppen in Pakistan
und der Beziehungen zwischen
Russland und USA beunruhigt. Mit
einem Mal verloren die langgepflegte
"Shanghai Cooperation Organization"
und insbesondere die vor kurzem
unterzeichnete chinesisch-russische
Freundschafts- und
Kooperationsvereinbarung jegliche
Bedeutung. Alle Anstrengungen, den
Einfluss Chinas auf Zentralasien
auszuweiten und sich mit Russland
gegen die USA zusammenzuschließen,
lösten sich über Nacht im Rauch auf.
In dieser Situation versuchte China
gegenüber den Uiguren diplomatisch
zu punkten. Um sein Vorgehen gegen
die Uiguren in Ostturkestan zu
rechtfertigen, stempelte China die
Uiguren einmal mehr zu
"Terroristen". Zum Beispiel
versuchte der Sprecher des
chinesischen Außenministeriums Zhu
Bang Zau nur eine Woche nach den
September-Angriffen auf die USA mit
den USA ins Geschäft zu kommen, als
er während einer Pressekonferenz
sagte: "Amerika sollte unsere gegen
muslimische Separatisten gerichtete
Politik in Xinjiang verstehen und
akzeptieren". Danach brachten in
einem Zeitraum von zwei Monaten
zahlreiche Regierungsvertreter, wie
Außenminister Tang Jua Shuan und der
Sprecher des Außenministeriums Zhu
Bang Zau die Position der Regierung
insbesondere hinsichtlich der
Uiguren in Ostturkestan zum
Ausdruck. Anfangs bezeichneten sie
die Uiguren als "Muslimische
Separatisten" aber dann brandmarkten
sie sie offen mit den Bezeichnungen
"Uigurische Separatisten" und "Uigurische
Terroristen". Schließlich sagte
Außenminister Tang Jua Shuan während
der 52. Sitzung des jährlichen
UN-Gipfels in New York am 11.
November in Bezug auf die Uiguren in
Ostturkestan folgendes: "Uiguren
sind Terroristen, sie wurden in
Afghanistan ausgebildet und unser
Kampf gegen die Uiguren ist Teil
einer Kampagne gegen den
internationalen Terrorismus".
Am 14. November beschuldigte der
Pressesekretär des chinesischen
Außenministeriums Sun Yishi während
einer Pressekonferenz in Peking die
uigurischen Organisationen erneut
sowohl in als auch außerhalb
Ostturkestans während der
vergangenen zehn Jahre in
"terroristische Aktivitäten"
verwickelt gewesen zu sein.
Am 16. November wurde in der in
China herausgegebenen Zeitschrift
"NEWS" folgender Artikel
veröffentlicht: "Xinjiang: Die
Auferstehung der Terroristen in
Ostturkestan". In diesem Artikel
wurden absurde Aussagen gemacht, wie
"es gibt keine Geschichte
Ostturkestans, die Uiguren und wir
haben die gleiche Abstammung, sie
sind keine Türken, Xinjiang war
immer Teil Chinas, alle Separatisten
in Xinjiang sind Terroristen".
2. China verstärkt die Repression
gegen die Uiguren
Nach dem 11. September verstärkte
die chinesische Regierung ihre
Anstrengungen, die Uiguren in den
internationalen Medien als
"Terroristen" darzustellen und
andererseits intensivierten sie die
Unterdrückung der Uiguren unter dem
Vorwand eines Kampfes gegen den
"Terrorismus" in Ostturkestan.
Gemäß Informationen, die das
"Informationszentrum Ostturkestans"
von zuverlässigen Quellen erhalten
hatte, wurde beispielsweise nicht
lange nach dem 11. September, am 20.
September in Urumchi während eines
Treffens von XUAR Sicherheits- und
hochrangige Parteikadern gesagt,
dass die jüngsten Ereignisse die
beste Gelegenheit böten, den
"Terrorismus" zu bekämpfen und den
"nationalen Separatismus in Xinjiang
zu eliminieren". Seit Beginn der
Kampagne "Harter Schlag" wurde den
Sicherheitskräften und der Polizei
die Anweisung gegeben "zuerst
verhaften, dann befragen". Als
Ergebnis dieser Maßnahme stiegen in
Gebieten mit starker uigurischer
Bevölkerung die Verhaftungen und
Überführungen dramatisch an.
Innerhalb zweier Monate nach dem 11.
September, nahm die chinesische
Polizei mehr als 3000 Uiguren fest.
In den ostturkestanischen Städten
Ghulja, Aqsu, Qashqar, Hotan und den
Regionen Shayar, Uchturpan und Unsu
wurden in neun öffentlichen
Gerichtsverfahren 13 Uiguren zum
Tode verurteilt und am selben Tag
hingerichtet. Mehr als 131 Uiguren
wurden zu unterschiedlich langen
Haftstrafen verurteilt. Sie wurden
alle bezichtigt, in "illegalen
religiösen Praktiken" und "in
Spaltungsabsichten" involviert
gewesen zu sein.
Die chinesische Regierung
intensivierte ihre
Repressionsmaßnahmen nicht nur
politisch, sondern auch militärisch.
"Um die Grenze zu Afghanistan zu
sichern und nach Uiguren zu suchen,
die von dort fliehen", transferierte
das chinesische Militär
beispielsweise nach den
Septemberereignissen sieben
Divisionen und Marineinfanteristen
von Lan Zhou in die an Afghanistan
angrenzende Region Qashgar.
Weiterhin wurde im November eine aus
15 Mitgliedern bestehende Delegation
von Peking nach Urumchi entsandt, um
"die politische Einheit der Region
zu stärken". Es ist offensichtlich,
dass deren Ankunft die schon
beklagenswerten Lebensbedingungen
der Uiguren in dieser Region weiter
verschlechtern wird, da sie und ihre
lokalen Marionetten die
Unterdrückung der lokalen
Bevölkerung ausweiten werden.
3. Sind die Uiguren Terroristen?
Nach dem 11. September versehen die
chinesischen Behörden die Uiguren
mit dem Etikett "Terroristen" und
bezeichnen deren Organisationen als
"terroristisch". Bevor wir diese
Anschuldigungen in Abrede stellen,
wollen wir zuerst definieren was
eine terroristische Tat, ein
Terrorist und eine terroristische
Organisation ist. Eine
terroristische Tat ist eine Tat bei
der ein Einzelner oder eine Gruppe
Gewalt gegen Zivilisten androht oder
anwendet, um seine/ihre politischen
Ziele zu erreichen. Terroristen sind
Individuen, die in terroristischen
Aktivitäten verwickelt sind und eine
Terrorgruppe ist eine Gruppe die aus
Terroristen besteht. Terroristische
Gruppen leiten ihre Ideen von einer
falschen oder bösartigen Grundlage
ab und ihre Taten zielen auf
Fundamente friedlicher
demokratischer Gesellschaften, deren
Gesetze und das bloße Leben der
Menschen. Wie Präsident Bush sagte,
kennt der Terrorismus keine
Nationalität, keine Staatsgrenzen
und keine Religion.
Nach den Ereignissen des 11.
Septembers veröffentlichte die
US-Regierung eine Liste mit 27
terroristischen Gruppen, welche die
Weltgemeinschaft bedrohen. Es gibt
keinen einzigen Beweis einer
Verbindung der Uiguren zu den
genannten Gruppen, die direkt oder
indirekt in Aktivitäten Osama Bin
Ladens oder der Taliban-Regierung
verwickelt sind.
Heute leben die Uiguren unter
chinesischer Besatzung. Uiguren sind
entgegen der Behauptungen der
Chinesen keine ethnischen Chinesen.
In Religion, Sprache, Sitten und in
ihrer physischen Erscheinung
unterscheiden sich die Uiguren von
den Chinesen und die Uiguren
betrachten sich selbst als
turkstämmige muslimische Nation.
Ostturkestan ist nicht Teil Chinas
und die unlängst von China besetzten
Gebiete wurden in eine Kolonie
verwandelt.
Uiguren haben niemals die
chinesische Besatzung akzeptiert.
Während der vergangenen 100 Jahre
der Besatzung haben die Uiguren
unerbittlich für die Unabhängigkeit
gekämpft. In der Tat war es den
Uiguren während des letzten
Jahrhunderts nur zweimal vergönnt,
ihre Unabhängigkeit zu erlangen und
die Republik Ostturkestan zu
etablieren. Die Uiguren bezahlten
für ihre Freiheit einen hohen und
blutigen Preis. Eine Abmachung
zwischen Stalin und Mao führte 1949
zur chinesischen Besetzung
Ostturkestans.
Die Uigurische Nation hat nie ihren
Traum nach Befreiung aufgegeben und
führt seit 50 Jahren ihren Kampf
gegen die Besatzung. Die Aktivitäten
sowohl innerhalb als auch außerhalb
Ostturkestans sind das beste
Beispiel für den Kampf der Uiguren.
Mehr als 100 000 Uiguren sind in
Ostturkestan inhaftiert und viele
wurden des "Terrorismus", der
"Spaltung" und der Verwicklung in
"illegale religiöse Aktivitäten"
bezichtigt und hingerichtet. Jeder
Uigure möchte in Freiheit leben und
sich vom chinesischen Joch befreien.
Die chinesischen Behörden klagen
nicht nur die in Ostturkestan
lebenden Uiguren, sondern auch
uigurische Organisationen außerhalb
Ostturkestans des Terrorismus an. Am
14. November bezeichnete der
Sprecher des chinesischen
Außenministeriums Zhu Bang Zau
während einer Pressekonferenz in
Peking zahlreiche uigurische
Organisationen als "terroristisch".
Insbesondere erwähnte er das
Informationszentrum Ostturkestan und
dessen Journalist Dilshat Reshit.
Das vor fünf Jahren in München
eröffnete Informationszentrum
Ostturkestans legt seinen
Aktivitäten die demokratischen
Prinzipien und die Redefreiheit zu
Grunde. Das Hauptziel des Zentrums
bestand darin, die Weltgemeinschaft
mit aktuellen und akkuraten
Informationen über Ostturkestan zu
versorgen. Das Zentrum hat sich zu
einer angesehenen Stimme des
uigurischen Volkes entwickelt,
welches Informationen aus erster
Hand, die oft unter großen Risiken
dewonnen wurden, verbreitet. Herr
Dilshat Reshit ist als Journalist
für das Zentrum in Schweden tätig.
Die falschen Anschuldigungen der
chinesischen Behörden zeigen einmal
mehr die Nervosität der chinesischen
Regierung im Umgang mit der
uigurischen Frage.
4. Die Welt beginnt die
uigurischen Klagen zu hören
Obwohl sich China nach Kräften
bemüht die Uiguren zu Terroristen zu
stempeln, ist ihnen dabei nur wenig
Erfolg beschieden. Die USA,
Westeuropa und die anderen
demokratischen Staaten sind nicht
von den chinesischen Anschuldigungen
überzeugt. Im Gegenteil hat die
Weltgemeinschaft ihre Bedenken über
die neuesten Ereignisse in
Ostturkestan zum Ausdruck gebracht.
Beispielsweise bat Präsident Bush
sein chinesisches Gegenstück Jiang
Zemin während seines Besuchs in
Shanghai am 21. Oktober den Kampf
gegen den Terrorismus nicht als
Vorwand zu missbrauchen, den Druck
auf ethnische Minderheiten zu
verstärken. Es ist offensichtlich,
dass mit ethnischen Minderheiten die
Uiguren gemeint waren.
In Brüssel wurde der Dritte
Ostturkestanische Nationalkongreß
entgegen allen chinesischen
Absichten, diesen zu verhindern
erfolgreich im Gebäude des
europäischen Parlaments abgehalten.
Das europäische Parlament
demonstrierte damit einmal mehr
seine prinzipielle Position in
Menschenrechtsfragen und beugte sich
den chinesischen Druck nicht. Am 9.
November brachte die
UN-Hochkommissarin für
Menschenrechte Mrs. Marie Robinson
während ihrer Reise nach China ihre
Bedenken hinsichtlich der Uiguren
und der Verletzung der
Menschenrechte in Ostturkestan zum
Ausdruck.
Die chinesischen Behörden konnten
keine Beweise für mutmaßliche
Verbindungen zwischen uigurischen
Organisationen und dem
internationalen Terrorismus
vorlegen. Die chinesische Regierung
hoffte darauf, dass allein die
Bezeichnung der Uiguren als
Terroristen ausreichen würde, die
Unterstützung der Weltgemeinschaft
und der USA für die chinesische
Unterdrückung der Uiguren zu
gewinnen. Aber die Weltgemeinschaft
schenkte den Lügen der chinesischen
Regierung keinen Glauben. Im
Gegenteil glauben viele Uiguren,
dass es sich bei der chinesischen
Regierung selbst um eine
terroristische Organisation handelt.
Langsam begann die Weltgemeinschaft
die Tragödie die Uiguren und das
Ausmaß der chinesischen Repression
zu begreifen.
5. Warum die chinesischen
Kommunisten die Uiguren zu
Terroristen stempeln
Bis vor kurzem verwandte die
chinesische Regierung Slogans wie
"es gibt keine zwischenethnischen
Probleme in China" und "die
chinesische Nation steht wie ein
Mann". Vornehmlich um die
internationale Gemeinschaft und die
Medien zu täuschen. Chinesische
Regierungsvertreter haben immer nur
sehr vorsichtig die Begriffe
Ostturkestan, die Unabhängigkeit
Ostturkestans oder Organisation
Ostturkestans benutzt.
Wahrscheinlich dachten sie, dass die
Erwähnung dieser Themen das
"Ostturkestanproblem"
internationalisiert hätte.
Unlängst hat die chinesische
Regierung einen vollkommen anderen
Weg eingeschlagen: Zahlreiche
hochrangige chinesische
Regierungsvertreter machten die Welt
auf die Existenz der
Ostturkestanorganisation und das
Problem des uigurischen
"Separatismus" aufmerksam. Obwohl
sich die chinesische Regierung
ehedem vor einer Erwähnung der
uigurischen Unabhängigkeitsbewegung
in den internationalen Medien
gefürchtet hatte, unterrichtete sie
nun selbst die ganze Welt über
dieses Problem. Offensichtlich war
dies der chinesischen Regierung
nicht leicht gefallen.
Die chinesische Regierung enthüllte
damit deutlich die Tatsache, dass es
unmöglich war, das
Ostturkestanproblem weiterhin Tod zu
schweigen. In der Tat war es nur
eine Frage der Zeit bis das
Ostturkestanproblem die
internationale Aufmerksamkeit auf
sich gezogen hätte. In dieser
Situation versuchen die chinesischen
Behörden die Gelegenheit beim
Schopfe zu ergreifen, die von den
USA angeführte weltweite Kampagne
gegen den internationalen
Terrorismus gegen die Uiguren zu
instrumentalisieren, indem sie sie
zu islamischen Terroristen
stempelten. Das Hauptziel des
Vorgehens der chinesischen Regierung
kann folgendermaßen verstanden
werden: Erstens soll der uigurischen
Unabhängigkeitsbewegung jegliche
Unterstützung von Seiten der
internationalen Gemeinschaft
entzogen werden. Zweitens soll die
Unterdrückung der Uiguren
fortgesetzt und sollen die
Unterstützer der uigurischen
Unabhängigkeit in Ostturkestan
ausgelöscht werden.
Die chinesische Regierung glaubt,
dass wenn sie oft genug wiederholt,
die Uiguren seien Terroristen, weil
sie Muslime sind, und den
Separatismus unterstützen, die Welt
ihnen Glauben schenken wird, auch
wenn sie keine Beweise zur
Unterstützung ihrer Anschuldigungen
liefern können. Insbesondere
behaupteten die chinesischen
Regierungsvertreter, dass die
Uiguren Verbindungen zu Osama bin
Laden haben, was aber nicht der Fall
ist.
Menschenrechtsorganisationen
begriffen als erste in der
westlichen Welt wie die
kommunistische chinesische Regierung
die Uiguren in Ostturkestan
behandelte. Indem die internationale
Gemeinschaft auf diese
Menschenrechtsorganisationen hörte
hat sie das Ansinnen, das
Uigurenproblem als ein Problem des
internationalen Terrorismus zu
bezeichnen mit Nachdruck
zurückgewiesen. Erstmals seit 137
Jahren fühlen die Uiguren, dass sie
nicht in der Welt vergessen worden
sind und die internationale
Gemeinschaft ernsthaft um ihre
Situation besorgt ist.
East Turkistan Information Center
Uygurischer Verein e.V.
Vereinsregister VR 15617
Münchner str.5 D-85232 Gröbenried
Tel:0179 9662145
http://www.uygur.org/ E-mail: etic@uygur.org
|