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In der Lop-Wüste testet China seit 1964 seine Atomwaffen. Der erste Test (16. 10. 1964) wurde am Tage nach dem Sturz des sowjetischen Parteichefs Nikita Chruschtschow vorgenommen; bis 1990 wurden
mindestens 33 Plutoniumbomben und mehrere Wasserstoffbomben gezündet. Der radioaktive Fallout wurde bei den relativ »schmutzigen« Versuchen über weite Teile Asiens, bis hin nach Japan,
verbreitet. Zum zwanzigsten Jahrestag des ersten Atomtests, am 16. 10. 1984, veröffentlichte die chinesische Nachrichtenagentur Zhongguo Xinwenshe erstmals Einzelheiten über das Testgebiet. Es umfaßt mehr als 100.000
km2 und befindet sich etwa zwischen Miran und Loulan, wird ungefähr vom TarimUnterlauf, dem Kurukdagh, dem Altunshan und der Gobi in der Nähe des »Jadetores« (Yumenguan) begrenzt und verfügt über ein 2.200 km langes
Straßennetz. Kommandozentren, Telekommunikationsräume, Kontroll- und Überwachungszentralen sind an verschiedenen Stellen erbaut worden. Die Mannschaften sind in mehrere hundert Kilometer entfernten, »in der Wüste Gobi«
erbauten Unterkünften untergebracht. In der Nähe eines der Explosionsorte seien zahlreiche Flugzeug-, Auto- und Panzerwracks zu sehen gewesen, »und ein Teil der Fläche (an der Verbindungsstraße zwischen Loulan und
Miran) sah aus wie mit Glasur überzogen«. Daraus läßt sich schließen, daß die Wirkungen von A-Tests auf militärisches Gerät erprobt wurden. Untersuchungen über die Auswirkungen der radioaktiven Verstrahlung wurden
gleichfalls angestellt, als spätestens 1981 an den Folgen leidende Personen zur Behandlung nach Peking gebracht wurden. Über die Folgen der Atomversuche wurden in China erst gegen Ende der achtziger Jahre Einzelheiten
bekannt. Die Zahl der Leber-, Lungen-, Haut- und Schilddrüsen-Krebserkrankungen ist erheblich gestiegen, der Leiter des Atomwaffenprogramms, Qian Xuesen, erwähnte 1989 auch »einige Todesfälle« infolge der Tests.
Turkestanische Oppositionelle führen auch eine im Februar und März 1987 im Bereich der Orte Charkalik, Tschertschen, Tschira, Kenya und Khotan aufgetretene Epidemie von »nichtidentifizierten Krankheiten«, die mindestens
800 Personen betraf, auf den radioaktiven Niederschlag nach einem Kernwaffenversuch zurück. Die militärische Bedeutung der Region wurde von China seit den achtziger Jahren auch für die Bündnispolitik mit den USA
genutzt. Seit Sommer 1981 konnten die USA einen Fernmeldestützpunkt an einem nicht näher bezeichneten Ort in der Lop-Nor-Region in Xinjiang unterhalten, von dem aus Funkverkehr und Raketenstarts in der Sowjetunion
überwacht werden konnten. Die Station (nach anderen Quellen deren zwei) wurde mit US-Material ausgestattet, jedoch zuerst nur von chinesischen Spezialisten bedient, denen im Januar 1982 auch US-Personal zugesellt wurde.
Die Horchposten hatten die nach der Islamischen Revolution in Iran (1979) ausgefallenen Beobachtungsstationen zu ersetzen. Die Errichtung einer Entsorgungsanlage für atomaren Müll und einer Wiederaufarbeitungsanlage
für 200 Millionen Yuan in einer Wüste in Xinjiang meldete die Überseeausgabe von Renmin Ribao im Dezember 1988, ohne den Ort genau zu nennen. Auf 20.000 km2 Fläche solle zunächst ein Versuchsgelände zur
Wiederaufarbeitung von Brennstäben errichtet werden. Die verbrauchten Brennelemente sollten zu Plutonium und Uran verarbeitet werden. Danach werde der Atommüll verpackt und vergraben. Bei den entscheidenden Kriterien
der Wiederaufarbeitung habe China das internationale Niveau erreicht. Das in Frage kommende Gebiet nahe der alten »Seidenstraße« sei von Ansiedlungen weit entfernt, die nächsten Siedlungen einige Dutzend Kilometer. Die
vorherrschenden hohen Windstärken verhinderten zudem eine Konzentration der radioaktiven Strahlung. Die Hinweise auf die geographischen Verhältnisse entsprechen früheren Berichten über das Atomwaffentestgebiet. Der
Antransport von radioaktivem Material könnte über die 1979 gebaute Bahnlinie zwischen Turfan und Korla erfolgen. |