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Ihre Reichsgründung in Baktrien schuf ein Großreich von Choresm bis (zeitweise) Bengalen; ihre Hauptstadt war Kapisa, ein wichtiges Kulturzentrum Bämiyän. Den Höhepunkt ihrer Macht erreichten die Kuschana
unter Kanischka (ca. 78 — 128) in den Jahren 110 bis 115 in Bämiyän, Taxila und anderen Orten; in der Umgebung des Kabul-Tales entstanden aus der Vermischung hellenistischer (graeko-baktrischer) Bildhauerei und
buddhistischer Religion — die seit der Zeit Aschokas hier verbreitet war — die ersten bildhauerischen Darstellungen Buddhas (der auch auf Münzen geprägt wurde) und die ersten Höhlentempel des Buddhismus, die zunächst
noch in einer griechischen, später unter Aufnahme indischer Stilelemente für die Gandhara-Kultur charakteristischen Formensprache gehalten waren. Von hier aus bildete sich die buddhistische Skulptur dann unter
Vermittlung durch parthische Kaufleute entlang der Seidenstraße aus. Die Xiongnu vertrieben auch die Stammeskonföderation der Wusun nach Westen, und zwar nach Fergana. Han-Kaiser Wudi (reg. 140 — 87 v.d.Zw.), sein
jüngerer Zeitgenosse und Gegenspieler, strebte nach endgültiger Befreiung von der Bedrohung durch die nomadischen Bogenschützen-Heere und nach Kontrolle über die zentralasiatischen Handelswege. Zum Zweck der Suche nach
Verbündeten gegen die Xiongnu sandte er 139 v.d.Zw. Zhang Qian nach Westen aus. Zhang sollte außerdem ein militärisches Geheimnis aufdecken: den Herkunftsort der »Himmelspferde«, die für die Truppe unerläßlich waren.
Sie stammten aus Fergana. Zhang Qian, einer der bedeutendsten
Militärführer und Kund- schafter der chinesischen Geschichte, geriet bei seiner West-Mission in Xiongnu-Gefangenschaft, wurde durch Zwangsheirat mit einer
Prinzessin an deren Staat gebunden und als ihr Gouverneur an den Baikalsee entsandt, floh von dort, fand die Yuezhi in Fergana (von ihm Dayuan genannt) und Baktrien auf und kehrte 126 v.d.Zw. nach Chang'an zurück. Sein
Reiseweg berührte den oberen Syr Darja und folgte wohl dem Südhang des Tianshan. Seinen ausführlichen Berichten verdankte der chinesische Hof erste gründliche Kenntnisse über die Länder im Westen. Nach einer weiteren
Erkundungsmission des Zhang Qian eroberte China unter Wudi die Seidenstraßen-Region in den Jahren 127 bis 119 v.d.Zw.; ein 100.000-Mann-Heer soll bis zum Balchaschsee vorgedrungen sein. Zhangs Reisen hatten indirekt
diese weite Expansion ermöglicht, weil sie zu einer Heeresreform Anstoß gegeben hatten; so wurden die traditionellen Kampfwagen abgeschafft und eine Kavallerie mit den »Himmelspferden« aufgebaut. Zur Sicherung der
neuerworbenen Länder siedelte die Han-Dynastie in einigen Jahrzehnten über zwei Millionen Chinesen im fernen Westen an, meist im Gansu-Korridor, aber auch auf so weit vorgeschobenen Posten wie Hami, Dunhuang und sogar
Loulan am Lop Nor. Südlich des Tianshan, im Tarimbecken, errichtete China 60 v.d.Zw. ein Militärgouvernement der Westgebiete (xiyuduhu), das nominell bis IU 1 n.d.Zw. bestand. Schon unter Wudi wurden chinesische
Wehrbauern auch in Xinjiang angesiedelt, u.a. in der Turfan-Oase. Südlich des Tianshan bildeten sich rasch wieder Xiongnu-Staaten, die in einem mehr oder weniger ständigen Tributverhältnis zu China standen. Neue
militärische Vorstöße des Generals Ban Chao (73 und 78) führten zu einer neuerlichen Aufrichtung eines chinesischen Protektorats. Es fiel gegen Ende der Han-Dynastie, zwischen 150 und 200, allmählich in sich zusammen,
hatte also insgesamt etwa drei Jahrhunderte Bestand, im östlichsten Teil etwas länger als im westlichen. |