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Osttürkistan

( Xinjiang )

Wirtschaft

Bewässerungslandbau ist in ganz Xinjiang die günstigstenfalls mögliche Form der Agrarproduktion. Bewässert wird 1. an den
Flüssen in der Nähe des Wüsten- oder Steppenrandes; da bestehen seit 2.500 Jahren Oasenkulturen; 2. durch traditionelle unterirdische Kanalsysteme (Karez), vor allem in der Turfan-Oase verbreitet (s. dort); 3. durch Kanäle mit in Staudämmen aufgefangenem Oberflächenwasser an den größeren Wasserläufen; solche Bewässerungsanlagen haben sich erst seit 1955 entwickelt und oft Versalzung zur Folge gehabt. 63% der Anbaufläche wurden erst nach 1949 urbar gemacht. Hauptprodukte sind Früchte (Melonen!), Gemüse, Getreide und Baumwolle, deren Anbau rasch vorangetrieben wird. Die Agrarproduktion ist zwischen 1950 und 1980 jährlich um 7,7% gestiegen, die bewässerte Fläche verdreifacht, der Produktionswert pro Jahr um den Faktor 4,3 erhöht worden. Bewässert sind (1980) über 48 Millionen mu. Die Getreideproduktion betrug (1980): 7.723 Mio. jin (3,86 Mio. t); die Hektarerträge lagen 1980 bei 7,9 dz. Die Betonung dieser Daten in offiziellen chinesischen Schriften lässt erkennen, in welch starkem Maße die Pekinger Stellen den zivilisatorischen Fortschritt an der Übernahme von Standards aus den chinesischen Kernprovinzen messen. Die Agrarproduktion bedarf wegen der geringen Niederschläge überall der künstlichen Bewässerung. Typisch dafür ist das in der Oase Turfan am besten erhaltene Karez-System, ein Bewässerungssystem aus durch unterirdische Kanäle miteinander verbundenen Brunnen.

Weidewirtschaft ist im Dsungarischen Becken und an den Hängen des Tianshan verbreitet, meist traditionell in der Form nomadisierender Schafzucht; alt ist auch die Pferdezucht. Weideland sind (1980) 750 Mio. mu, der Nutztierbestand betrug 26,3 Mio. Stück, das Zweieinhalbfache von 1950. Der Zuwachs 1980 betrug 10%. In der Kulturrevolution hatte es einen krisenhaften Rückschlag gegeben, und die Produktionswerte von 1966 wurden erst 1980 wieder erreicht.

Bodenschätze sind noch nicht überall systematisch erschlossen. Erdölfelder liegen bei Karamai und südlich davon bei Dushanzi im Dsungarischen Becken und sind seit längerem bekannt. Im Tarim-Becken wurde 1985 Öl gefunden; in Kargilik war schon 1977 wenig Erdöl (täglich 1000 m3) und Erdgas gefördert worden. Ein Ausbau der Tarim-Region zur wichtigsten Erdölbasis Chinas wird seit etwa 1988 angestrebt und durch intensive Investitionstätigkeit gefördert. In der Anfang Februar 1991 verkündeten Erdölpolitik steht die Erschließung der Lager in Xinjiang an erster Stelle. Zur Prospektierung wurden aus den verschiedenen Landesteilen nicht weniger als 17.000 — nach anderen Angaben chinesischer Medien sogar über 20.000 —Arbeiter ins Tarim-Becken geschickt. Die Vorräte werden auf 30 Mrd. t (1987 erst 10 Mrd. t) geschätzt; das Öl und Gas lagern bis zu 15.000 m tief. Prospektierung und Erschließung sind durch den Mangel an Verkehrswegen stark behindert. Steinkohle wird in geringer Tiefe bei Ürümqi und bei Toksun abgebaut, Lager am gesamten Nordrand des Tianshan werden noch nicht ausgebeutet. Uran wird nördlich Ürümqi und im Altai abgebaut. An sonstigen Erzen finden sich Kupfer bei Kutscha, Blei und Zink bei Nilki, Molybdän unweit Qinghe und im Altai. Systematische Prospektierung hat es von den dreißiger Jahren an in nur wenigen Gebieten unter sowjetischer Leitung, von 1950 bis 1955 in staatlich gemischten Gesellschaften gegeben; eine Ausdehnung der Suche nach Bodenschätzen begann in den letzten Jahren vor der Kulturrevolution, wurde durch sie unterbrochen und erst 1978 wieder aufgenommen; Xinjiang gilt als eins der rohstoffreichsten Gebiete der Erde.

Energiebasis sind außer lokal gewonnener Kohle und Ölderivaten wegen des extremen Holzmangels noch immer verbreitet Schafs-, Kamel- und Pferdedung. Die Aufforstung ist vor allem zum Schutz der Oasenwirtschaft vorangetrieben worden und deckt allenfalls lokal den Haushalts-Energiebedarf.

Industrie: Tradition hat das Textil- und Kunsthandwerk (Seidenstoffe, Teppiche, Woll- und Baumwollgewebe, Ledererzeugung und -Verarbeitung). Die Textilindustrie ist — nach der Ölproduktion — zweiter Entwicklungsschwerpunkt. Zwischen 1986 und 1990 wurden zwölf größere und zahlreiche kleinere Textilfabriken in Betrieb genommen, die Zahl der Spindeln (was immer sie aussagt) stieg in derselben Zeit von 310.000 auf 550.000. Beschäftigt werden weit überwiegend Han-Chinesen. Huf-, Kupfer-, Gold- und Silberschmiede haben alte Tradition, freilich im Kontext der Basarökonomie. Doch bestanden vor 1949 z.B. in Kaschgar und Khotan zusammen nur 13 größere Betriebe der Warenproduktion. Die 1950 mit sowjetischer Hilfe errichtete Uranhütte war der erste moderne Industriebetrieb; ihm folgten bis 1966 nur 15 weitere. Seitdem sind nahezu alle Industriebranchen in Xinjiang angesiedelt worden. Rund 4.000 Industriewerke waren schon 1979 registriert, ihre technische Ausstattung lag jedoch meist noch auf Manufaktur- und Handwerksniveau. Seit 1980 werden Betriebe der Konsumgüterindustrie der bis dahin geförderten Schwerindustrie vorgezogen, um die lokale Versorgung zu verbessern, und private Kleinbetriebe in Handel, Gastronomie, Leichtindustrie, Kunsthandwerk, Reparatursektor und Wartungswesen werden energisch gefördert.

Verkehrswesen: Dem Verlauf der alten Seidenstraßen folgen auch die meisten gegenwärtigen Wege, Straßen und Eisenbahnen, schon aus topographischen Gründen. Die Eisenbahn Lanzhou — Ürümqi (Lanxin-Bahn), über weite Strecken noch eingleisig, wurde 1990 mit dem sowjetischen Netz verbunden. Die Gleisnetze wurden Anfang September 1990 am Alatau-Paß zusammengeführt; die Aufnahme des fahrplanmäßigen Verkehrs auf der von chinesischen Medien als »neue Seidenstraße Lianyungang — Rotterdam« apostrophierten Bahnlinie war für 1992 vorgesehen. Eine Stichbahn von Turfan nach Korla besteht seit 1979 und hat 1985 planmäßigen Betrieb aufgenommen. Seit 1955 verbindet eine Stichbahn Karamai mit der LanxinLinie. Die wichtigste Allwetterstraße verbindet Ürümqi und Korla mit Kaschgar und der Karakorum-Hochstraße nach Pakistan. Die Taklamakan wird von einer Ringstraße umgeben, von der in Kargilik die einzige Überlandverbindung nach Tibet abzweigt (durch das von Indien beanspruchte Aksai Chin). Die wichtigsten Orte im Norden sind mit Ürümqi verbunden. Flugbetrieb wird vom Flughafen Ürümqi, der seit etwa 1975 nach internationalem Standard ausgebaut ist, nach den wichtigsten chinesischen Flugplätzen sowie nach Pakistan unterhalten. Kaschgar ist an das Inlandsnetz angeschlossen wie auch Hami, Korla, Kutscha, Aksu, Kuldscha (Yining), Fushun und Altai.


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